3D-Blick aufs Atom: Eine neue Methode kann Atome von Gasen mit nur einem Schnappschuss dreidimensional verorten – statt wie bisher durch eine Serie nacheinander erstellter Aufnahmen. Dafür entwickelten Physiker das Quantengas-Mikroskop weiter, bei dem ultrakalte Atome in einem Lasergitter gefangen und vermessen werden. Ein zusätzliches optisches Bauteil verformt die dabei entstehenden Wellen so, dass auch die Höhe der Atome – ihr Abstand zum Betrachter – sichtbar wird.
Ob Rastertunnel-Mikroskop, Rasterkraft-Mikroskop oder neuartige Quantenmikroskope: Inzwischen gibt es Techniken, mit denen Forschende selbst einzelne Atome sichtbar machen können. Dabei tastet meist eine Sensorspitze die Materialoberfläche Atom für Atom ab und kartiert so ihre Anordnung. Das sogenannte Quantengas-Mikroskop kann sogar die Positionen von ultrakalten Gasatomen kartieren. Dafür werden die Atome einzeln in einem Lasergitter gefangen und mit einem weiteren Laserstrahl zum Fluoreszieren angeregt.
x und y, aber keine z-Koordinaten
Doch einen Haken gab es bisher: Das Quantengas-Mikroskop kann zwar die Position der Atome auf der x- und y-Koordinate zeigen – und damit ihre zweidimensionale Anordnung. Aber es fehlte die dritte Dimension z, der Abstand zum Betrachter. Um herauszufinden, in welcher Ebene ein Atom liegt, musste man daher mehrere Aufnahmen mit jeweils leicht verändertem Fokus erstellen. Dieser Prozess ist komplex und zeitaufwändig und eignet sich daher nicht, um beispielsweise schnell ablaufende Prozesse einzufangen.
Eine Lösung für dieses Problem haben nun Tangi Legrand von der Universität Bonn und seine Kollegen gefunden. „Wir haben nun eine Methode entwickelt, mit der das in einem Schritt geht“, erklärt Legrand. „Wir nutzen dazu einen Effekt, der in der Theorie bereits seit den 1990er Jahren bekannt ist, aber noch nie in einem Quantengas-Mikroskop eingesetzt wurde.“
Hantel statt Lichtpunkt
Kern des Verfahrens ist eine Manipulation des von den angeregten Atomen freigesetzten Lichts. „Wir haben ein spezielles optisches Bauteil verwendet, um die vom Atom ausgehende Lichtwellenfront zu verformen“, erklärt Koautor Andrea Alberti vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching. Durch diese Verformung wird der normalerweise runde Lichtfleck des Atoms in einen Doppelfleck ähnlich einer Hantel verwandelt.
Der Clou dabei: „Die Richtung, in die diese Hantel weist, hängt von der Strecke ab, die das Licht vom Atom zur Kamera zurücklegen musste“, erklärt Legrands Kollege Dieter Meschede. „Die Hantel fungiert also als eine Art Kompassnadel, an deren Stellung wir die z-Koordinate ablesen können.“ Anhand der Ausrichtung dieser atomaren Hantelflecke können die Forschenden die 3D-Position der Atome bestimmen – in nur einem einzigen Bild.
Vielseitig anwendbar
Diese Optimierung der Quantengas-Mikroskopie eröffnet nun neue Möglichkeiten der Anwendung. „Wir können zum Beispiel untersuchen, welche quantenmechanischen Effekte bei einer bestimmten Anordnung der Atome auftreten könnten“, erklärt Seniorautorin Carrie Weidner von der Universität Bristol. Dies erweitere auch die Quantensimulation mithilfe solcher Mikroskope in die dritte Dimension.
Zudem können nun auch quantenphysikalische Prozesse besser gesteuert und beobachtet werden. Denn dabei kommt es oft darauf an, die Position der Atome exakt zu kontrollieren, um sie in gewünschter Weise miteinander interagieren zu lassen. Zudem kann das Verfahren auch bei der Entwicklung neuer Quanten-Materialien mit besonderen Eigenschaften helfen, wie das Team erklärt. (Physical Review A, 2024; doi: 10.1103/PhysRevA.109.033304)
Quelle: Universität Bonn