Physik

Quantenrauschen bewegt auch uns

Physiker weisen erstmals Effekt der Quantenfluktuation bei menschengroßem Objekt nach

LIGO-Spiegel
Quantenfluktuationen bewegen selbst große Objekte wie den 40 Kilogramm schweren Spiegel im LIGO-Gravitationswellen-Detektor. © Caltech/MIT/LIGO Lab

Subtiles Vibrieren: Die Quantenfluktuation wirkt nicht nur im Nanomaßstab, sondern bewegt selbst kilogrammschwere Objekte, wie Physiker jetzt erstmals nachgewiesen haben. Demnach verschieben die winzigen „Kicks“ aus dem Quantenreich den 40 Kilogramm schweren Spiegel des LIGO-Gravitationswellen-Detektors um 10 hoch minus 20 Meter – das entspricht 100  Milliardsteln des Wasserstoff-Atomdurchmessers.

Nach der Quantentheorie ist nichts wirklich leer – auch das Vakuum des Weltalls nicht. Denn Fluktuationen auf der Quantenebene führen dazu, dass dort immer wieder virtuelle Teilchen entstehen. Diese Paare aus Teilchen und Antiteilchen tauchen auf, nur um sich Sekundenbruchteile später wieder auszulöschen. Diese Quantenfluktuationen können das Verhalten von Atomen und auch Antimaterie-Atomen beeinflussen und gelten als mögliche Ursache für die geheimnisvolle Dunkle Energie.

LIGO Livingston
LIGO-Detektor in Livingston, Louisiana: Laserstrahlen in zwei kilometerlangen Vakuumröhren dienen als Indikatoren für kleinste Verschiebungen. © Caltech/MIT/LIGO Lab

Wie aber ist das mit uns und anderen makroskopischen Objekten? Der Theorie nach müssten selbst unsere Atome und Moleküle den Effekt dieses Quantenrauschens spüren. „Auch wir werden in jeder Nanosekunde unserer Existenz von solchen Quantenfluktuationen umhergeschubst“, erklärt Nergis Mavalvala vom Massachusetts Institute of Technology (MIT). „Aber das von unserer thermischen Energie verursachte Zittern überdeckt diese Quantenfluktuationen so stark, dass sie nicht messbar sind.“

„Gequetschtes“ Quantenrauschen im LIGO-Detektor

Doch genau diese Messung ist nun Mavalvala und ihrem Team gelungen. Die Physiker nutzten dafür ein System, das die Messung von Gravitationswellen in den LIGO-Detektoren verfeinert. Die Mess-Laserstrahlen dieser Interferometer laufen in vier Kilometer langen Vakuumröhren und sind dort Quantenfluktuationen in Form spontan auftauchender Photonen ausgesetzt. Die „Quantenpresse“ aus einem photonischen Kristall und mehreren Spiegeln schafft jedoch Abhilfe.

Das System nutzt die Tatsache, dass beim Quantenrauschen Amplitude und Phase miteinander verknüpft sind: Verringert man das „Rauschen“ der Phase, nimmt dafür die Fluktuation der Amplitude zu und umgekehrt. Weil für die Detektion der Gravitationswellen nur die Phase der Laserstrahlen wichtig ist, unterdrückt die Quantenpresse deren Rauschen.

Für ihre Studie haben die Forscher nun untersucht, ob dieses gequetschte Quantenrauschen im LIGO-Detektor als Bewegung der Spiegel nachweisbar ist. Dafür werteten sie die Detektorsignale mit und ohne die Quantenpresse aus und variierten zusätzlich die Spiegelwinkel.

Er bewegt sich doch!

Das Ergebnis: Obwohl der Spiegel des LIGO-Detektors 40 Kilogramm wiegt, wird er vom Quantenrauschen bewegt. „Es ist die Amplitude des Lichts, das die Spiegel bewegt“, sagt Koautor Rana Adhikari vom California Institute of Technology (Caltech). Das Ausmaß dieser Bewegung ist allerdings extrem gering: Der Spiegel verändert seine Position nur um 10 hoch minus 20 Meter. Das entspricht zehn Trilliardstel Metern oder 100 Milliardsteln des Durchmessers eines Wasserstoffatoms, wie die Forscher erklären.

„Das ist das erste Mal, dass dieser Quanteneffekt bei einem Objekt von fast menschlicher Größe nachgewiesen wurde“, sagt Malvala. „Das ist wirklich bemerkenswert.“ Das Ausmaß der am LIGO-Spiegel gemessenen Verschiebung entspricht dabei genau dem, was die Quantenmechanik für einen solchen Fall vorhersagt. „Angesichts der unzähligen Störeffekte bei diesen Frequenzen ist es beeindruckend, dass das Resultat so klar erkennbar war“, ergänzt Koautorin Sheila Dwyer vom Caltech.

Damit ist nun auch experimentell bewiesen, dass die Fluktuationen auf Quantenebene selbst die für uns sichtbare und fassbare Welt beeinflussen. Auch wenn wir es nicht spüren, unterliegen auch wir ständig diesem subtilen Einfluss aus dem Reich der kleinsten Teilchen. (Nature, 2020; doi: 10.1038/s41586-020-2420-8)

Quelle: Massachusetts Institute of Technology, LIGO Laboratory

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