Rekordverdächtig: Forscher haben erstmals ein Quantensignal mit mehr als einem Datenbit pro Photon durch die Luft übertragen – und das in einer besonders schwierigen Umgebung. Denn die Quantenbotschaft wurde mitten in der Großstadt Ottawa über 300 Meter weit zwischen zwei Häuserdächern ausgetauscht. Die doppelte Kodierung der Daten machte das Quantensignal trotz der Luftturbulenzen noch lesbar, wie die Wissenschaftler berichten.
Die Quantenkryptografie gilt als die Verschlüsselungsmethode der Zukunft, denn sie ermöglicht es, Daten nahezu „unknackbar“ zu versenden. Durch die Verschränkung von Photonen erreichen Quantensignale zudem nahezu instantan ihre Empfänger – selbst über große Entfernungen hinweg. In Zukunft könnte die Quanten-Kommunikation daher den Datenaustausch in städtischen Glasfasernetzen aber auch mit dem Orbit sicherer und schneller machen.
Mehr als ein Bit pro Photon
Bisher wird für die Übermittlung von Quantenbotschaften meist die einfachste Kodierung genutzt: Ein Photon übermittelt ein Bit – eine Null oder Eins. Doch indem man zwei oder mehrere Eigenschaften des Photons manipuliert und ausliest, lassen sich auch mehrere Bits pro Lichtteilchen kodieren. Ob diese sogenannte hochdimensionale Quantenverschlüsselung jedoch auch bei Übertragung durch die Luft funktioniert, blieb bisher offen.
Jetzt haben Ebrahim Karimi von der Universität Ottawa und sein Team dies erstmals belegt. Für ihr Experiment trugen sie ihre normalerweise nur im Labor genutzte Laserausstattung auf zwei rund 300 Meter auseinander liegende Hausdächer auf dem Gelände der Universität. Die Instrumente erzeugten verschränkte Photonen, deren Quantenzustände jeweils zwei Bits pro Teilchen kodierten. Jedes Photon kann dadurch vier mögliche Signale tragen: 00,01,10 oder 11. Diese Technik wird daher auch als 4D-Quantenkryptografie bezeichnet.
Quanten-Übertragung durch die Stadtluft
Würden diese Quanteninformationen den Weg durch die turbulente Stadtluft überstehen? Das Problem dabei: Der fragile Zustand der Verschränkung ist relativ störungsanfällig. Gerade in der Atmosphäre können daher Turbulenzen und andere Störeinflüsse die Verschränkung leicht aufheben. Als Folge kommen dann nur noch wenige Quantensignale an. „Kollegen hielten unser Experiment deshalb für unmöglich“, berichten die Forscher.
Doch das Experiment gelang – sogar besser als erwartet: Die mit den doppelt kodierten Photonen gesendete Quantenbotschaft war auch nach 300 Metern Lufttransport noch lesbar. „Zum ersten Mal haben wir damit erfolgreich Botschaften mithilfe der hochdimensionalen Quantenverschlüsselung unter realistischen Stadtbedingungen verschickt“, sagt Karimi.
Weniger störanfällig
Die Fehlerquote bei der Übertragung lag nur bei elf Prozent, wie die Forscher berichten. Dies liegt deutlich unter der Schwelle von 19 Prozent, ab der eine sichere Übertragung nicht mehr möglich ist. Im Mittel konnten sie mit ihrer 4D-Quantenübertragung dadurch 1,6 Mal mehr Informationen pro Photon übermitteln als die herkömmliche „Ein Bit-Ein Photon“-Technik.
Den Grund sehen die Physiker darin, dass die 4D-Kodierung weniger empfindlich gegenüber Störeinflüssen ist. „Diese höhere Störschwelle bedeutet, dass man die 4D-Quantenkryptografie überall dort einsetzen könnte, wo die herkömmliche 2D-Übermittlung versagt“, sagt Karimi. „Die von uns demonstrierte Quantenkommunikation könnte für die Kommunikation mit Satelliten genutzt werden oder um verschlüsselte Daten zwischen Orten zu übertragen, die nicht über Glasfaser verbunden werden könne.“ Sogar zu Flugzeugen könnten Quantensignale gesendet werden.
Als nächstes wollen die Forscher ihre 4D-Quantenübertragung nun an einer längeren Strecke testen. Sie planen bereits ein Netzwerk aus drei Stationen, die 5,6 Kilometer voneinander entfernt sind. Auf längere Sicht soll dieses Testnetz mit einem bereits in Ottawa existierenden Quantenkommunikations-Netzwerk verbunden werden. (Optica, 2017; doi: 10.1364/optica.4.001006)
(The Optical Society, 25.08.2017 – NPO)