Atome mit Laserstrahlen gekühlt
Je nachdem, wie hoch das Gitter, das heißt wie hoch die Lichtintensität ist, können Korrelationen zwischen den Teilchen zu einem ganz unterschiedlichen Verhalten des Quantengases führen. Wenn die Gitter relativ flach sind, können die Teilchen auf ihren Nachbarplatz hinüber „tunneln“. Das Ensemble stellt dann eine Art „Supraflüssigkeit“ dar. Stellt man die Gitterhöhe durch entsprechend hohe Lichtintensitäten so ein, dass die Teilchen auf ihren Plätzen quasi fixiert sind, dann erhält man einen so genannten Mott-Isolator – benannt nach dem britischen Physiker und Nobelpreisträger Sir Neville F. Mott.
Modellrechnungen zeigen nach Angaben der Forscher, dass die Zahl der Atome pro Gitterplatz in einem Mott-Isolator weit weniger schwankt als in dem anfänglichen BEC. Jetzt konnten die MPQ-Wissenschaftler dieses Verhalten explizit nachweisen. „Erstmals konnten wir in einem so hochgradig korrelierten System einzelne Atome auf ihren jeweiligen Gitterplätzen sichtbar machen. Das ist eine echte Sensation“, sagt Kuhr, der Leiter des Projekts.
Und weiter: „Wie auch sonst üblich, ‚kühlen‘ wir die Atome mit Laserstrahlen. Gleichzeitig nutzen wir die dabei ausgesandten Fluoreszenzphotonen, um die Atome mit einem speziell dafür entwickelten Mikroskop sichtbar zu machen. So sind wir in der Lage, die Zahl der Atome pro Gitterplatz zu bestimmen. Auch die Defekte können wir mit solchen ‚Schnappschüssen‘ einzeln erkennen und verfolgen, wie ihre Zahl mit steigenden Temperaturen zunimmt.“
Zahl der Atome pro Gitterplatz bestimmt
In einer Serie von Messungen bestimmten die Physiker anschließend systematisch die Zahl der Atome pro Gitterplatz für unterschiedliche Teilchenzahlen und Temperaturen. Für das BEC ergaben sich erwartungsgemäß von Gitterplatz zu Gitterplatz relativ große Schwankungen. Im Gegensatz dazu erhielten die Wissenschaftler bei einem Mott-Isolator eine fast perfekte Struktur mit einer sehr geringen Fehlerdichte.
Dabei konnten sie auch die für Mott-Isolatoren charakteristischen Schalen beobachten, die sich bei großen Teilchenzahlen ausbilden. Denn das optische Gitter ist nicht eben, sondern folgt dem gaußförmigen Intensitätsprofil des Laserstrahls und ist nach außen hin „verbogen“. Die Gitterplätze in den Außenbereichen liegen energetisch höher und werden erst aufgefüllt, wenn die inneren Plätze besetzt sind.
Von außen nach innen wächst die Atomzahl pro Gitterplatz daher stufenweise an. Sobald sich jedoch zwei Atome (bzw. eine gerade Zahl von Atomen) auf einem Gitterplatz befinden, gewinnen sie durch inelastische Stöße so viel kinetische Energie, dass sie die Falle sofort verlassen. Gerade Besetzungszustände machen sich also als dunkle Ringe bemerkbar, so die Forscher.

Arktisches Meereis © IPY-OSC
Quantenregister aus mehreren hundert Bits
Ein Mott-Isolator, in dem sich auf jedem Gitterplatz genau ein Atom befindet, stellt ein Quantenregister aus bis zu mehreren hundert Quantenbits dar. „Nun müssen wir noch zeigen, dass wir die Atome wirklich individuell manipulieren können – eine Voraussetzung dafür, um Quantenbits kodieren und auslesen zu können. Die ersten Experimente hierzu führen wir gerade durch“, erklärt Kuhr.
Kalte Quantengase in optischen Gittern eignen sich aber nicht nur für Anwendungen in zukünftigen Quantencomputern, sondern auch als Quantensimulatoren für Festkörper. Dabei spielen die Atome im Lichtgitter die Rolle der Elektronen im Kristallgitter. Untersuchungen dieser Art können nach Angaben der Physiker zu einem tieferen Verständnis ungewöhnlicher magnetischer und elektrischer Phänomene wie etwa der Hochtemperatursupraleitung führen – und sie könnten die Entwicklung von Materialien mit maßgeschneiderten Eigenschaften ermöglichen.
(idw – Max-Planck-Institut für Quantenoptik, 19.08.2010 – DLO)
19. August 2010