Astronomie

Quelle der rätselhaften kosmischen Strahlen entdeckt

Extrem energiereiche Protonenstrahlen stammen aus dem Herzen von Aktiven Galaxienkernen

Ein Detektor des Auger-Messfelds in Argentinien © University of Chicago

Kosmische Strahlen bestehen aus extrem energiereichen Protonen, sind hunderte von Millionen Mal stärker als alles, was auf der Erde existiert, doch ihr Ursprung war bisher absolut rätselhaft. Jetzt hat eine internationale Kollaboration erstmals entdeckt, dass sie von den Kernen aktiver Galaxien ausgehen. Wie sie in Science berichten, eröffnet diese Erkenntnis eine neue Ära der Astronomie.

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Bis jetzt ist die Geschichte der astronomischen Entdeckungen durch Licht unterschiedlicher Wellenlängen dominiert. Von den ersten optischen Teleskopen bis hin zu den modernen weltraumgestützten Röntgenobservatorien unserer Zeit bestimmten die Photonen, Lichtteilchen, die Astronomie. Bereits 1938 entdeckte der französische Physiker Pierre Auger erstmals die Existenz der kosmischen Strahlen. Seither jedoch ist ihr Ursprung ein Rätsel geblieben. Sie besteht aus Protonen, den positiv geladenen Bestandteilen aller Atomkerne, die mit nahezu Lichtgeschwindigkeit durch das All fliegen. Die stärksten dieser Strahlen enthalten mehr als einhundert Millionen mal mehr Energie als die stärksten in irdischen Teilchenbeschleunigern erzeugten Ionenstrahlen. Die Atmosphäre der Erde schützt uns vor den sonst tödlichen Auswirkungen dieser Strahlung.

1.600 Wassertanks als Himmelsaugen

Jetzt hat die Auger Kollaboration, ein Zusammenschluss von 370 Forschern aus 17 Ländern, sich dieses Rätsels angenommen – und eine Lösung gefunden. Das allerdings war nicht ganz einfach. Denn die hochenergetischen Strahlen sind nicht leicht nachzuweisen. Statistisch gesehen trifft nur rund einmal pro Jahrhundert ein solcher Strahl einen beliebigen Quadratkilometer der Erdoberfläche. Um die Trefferquote zu erhöhen, haben die Auger-Wissenschaftler ein Detektorenfeld von knapp 2.000 Quadratkilometer in einer Ebene im Westen Argentiniens errichtet.

Jeder der hier aufgestellten knapp 1.600 Detektoren besteht aus einem Plastiktank mit Wasser. Trifft ein kosmischer Strahl in der Erdatmosphäre auf ein Luftmolekül, löst er eine Kaskade von sekundären Teilchen aus, von denen einige die Tanks treffen. Beim Eintritt in das Wasser werden sie schockartig abgebremst und geben dabei Energie in Form eines winzigen Lichtblitzes ab. Dieser Blitz wird von automatischen Kameras eingefangen und löst ein Signal aus.

„Damit können wir die Energie und die Richtung abschätzen, aus der der Strahl kommt“, erklärt Joao de Mello Neto, Mitarbeiter des Projekts von der Universität von Rio de Janeiro. „Wir führen jetzt Astronomie mit Protonen – geladenen Teilchen – durch und öffnen damit ein neues Fenster in das Universum.“

Zusätzlich zum Detektorfeld beobachten 24 Teleskope den Himmel und suchen nach verräterischen Lichtblitzen, die bei der Reaktion der Strahlung mit den Stickstoffatomen der Atmosphäre auftreten. „Wir sehen das Ereignis damit auf zwei unterschiedlichen Wegen“, so Vasiliki Pavlidou, Forscher am Kavli Institut für kosmologische Physik. „Damit besitzen wir eine leistungsfähige Möglichkeit um die Ergebnisse zu prüfen.“

Aktiven Galaxienkerne als Ursprung?

Und tatsächlich ist den Foschern nun ein spektakulärer Fund gelungen: Sie verfolgten den Weg eines kosmischen Strahls bis ins Zentrum eines Aktiven Galaxienkerns. Angetrieben durch ein extrem massereiches Schwarzes Lochstrahlen diese Kerne deutlich heller als reguläre Galaxien. „Nach Jahrzehnten von negativen Ergebnissen haben Auger-Wissenschaftler nun endlich nachgewiesen, dass die kosmische Strahlungn nicht gleichmäßig aus allen Richtungen des Weltalls kommen“, erklärt Angela Olinto, Professor für Astronomie und Astrophysik an der Universität von Chicago.

In ihrem Science –Artikel dokumentieren die Forscher 27 hochenergetische kosmische Strahlen, die vom Auger Observatorium zwischen 2004 und 2007 entdeckt worden sind. Als sie deren Weg mit einem Katalog von Himnmelsobjekten abglichen, passte dieser zu den Positionen von Aktiven Galaxienkernen, die nicht weiter als „nur“ 180 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt liegen – nach kosmischem Maßstab qausi vor der Haustür der Milchstraße.

Neue Ära der Astronmomie

In Verdacht hatten die Astronomen die Aktiven Galaxienkerne schon seit längerem, doch jetzt haben sie erstmals eine eindeutige Korrelation zwischen kosmischer Strahlung und den Kernen entdeckt. „Das ist eine fundamentale Entdeckung”, erklärt James Cronin, Nobelpreisträger und Physikprofessor der Universität von Chicago. „Das Alter der kosmischen Strahlenastronomie hat begonnen. In den nächsten Jahren werden unsere Daten es uns erlauben, die exakten Quellen dieser kosmischen Strahlen zu identifzieren und zu ergründen, wie sie diese Partikel beschleunigen.“

(University of Chicago, 09.11.2007 – NPO)

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