„Gold fasziniert Menschen seit dem Altertum“, lautet ein dröger Einstieg in wissenschaftliche Arbeiten. Dass es dennoch Überraschungen gibt, zeigt eine vor kurzem erschienene Studie: Nanopartikel des Edelmetalls verhalten sich anders als nahe Verwandte im Periodensystem wie Silber oder Platin.
“Ein Argument in der derzeit grassierenden „Nanodebatte“ lautet: Partikel mit Durchmessern deutlich unter einem Mikrometer verhalten sich anders als größere – mitunter, so die Wissenschaftler, sind sie sogar toxisch. Müller und Bäcker etwa wissen das seit geraumer Zeit. Getreidekörner sind harmlos. Jedoch kann der langjährige Umgang mit Mehl immerhin die Berufskrankheit „Bäckerasthma“ hervorrufen. Ein anderes Beispiel ist Gold: Aus der Sicht des Menschen erscheint es gelb glänzend, während Vertreter des Superzwergenreichs (griechisch nanos = Zwerg) rot sehen würden.
Goldrubinglas färbt sich erst durch feinverteilte Partikel des Edelmetalls tiefrot. Materialforscher haben kürzlich herausgefunden, dass sich Gold in Clustern aus wenigen Atomen deutlich anders verhält als seine Nachbarn im Periodensystem Silber, Kupfer, Palladium oder Platin. Während letztere eine kristalline Ordnung anstreben, bleibt Gold ohne erkennbare Struktur.
Die Ergebnisse, die Ende August im Fachblatt Physical Review Letters publiziert wurden, sind auch für Katalyseforscher interessant. Immerhin lautet eine ihrer zentralen Fragen: Wie beeinflussen Kristallinität und Größe der oft eingesetzten Edelmetallpartikel Verlauf und Geschwindigkeit chemischer Reaktionen?
Simulationsrechnungen im Computer
Solche Ergebnisse produzieren Forscher heute verstärkt durch Simulationsrechnungen im Computer. Hier jedoch startete die Fachwelt quasi eine umgekehrte Nanodebatte: Ein einzelnes Atom und sein Verhalten kann quantenmechanisch recht gut berechnet werden. Je größer ein Aggregat oder Molekül wird, desto mehr weichen die Voraussagen allerdings von den experimentellen Befunden ab. „Wir untersuchten Cluster aus 55 Atomen und konnten die amorphe Struktur photoelektronenspektroskopisch bestätigen“, betont Mitautor Michael Moseler vom Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM. „Derzeit ist unsere Gruppe als einzige in der Lage, Cluster mit bis zu tausend Goldatomen verlässlich zu berechnen.“
Aus dem gefundenen eigentümlichen Verhalten von Gold erwachsen nach den Angaben von Forschern Konsequenzen für die Mikroelektronik. Je kleiner die Schaltungen werden, desto dünner die Drähte, mit denen sie verbunden sind. Materialgrößen wie Festigkeit oder elektrische Leitfähigkeit sind jedoch nicht auf beliebig kleine Abmessungen extrapolierbar. Weitere Bereiche sind Genetik und Proteinforschung. Hier werden Goldcluster oft genutzt, um Biomoleküle zu markieren. Art und Stärke der Bindung zu ihnen hängen jedoch auch davon ab, wie sich die Atome des preziosen Metalls untereinander „vertragen“.
(idw – Fraunhofer-Gesellschaft, 12.10.2004 – DLO)