Geowissen

Rätsel um Meereisdicke gelöst

Forscher entwickeln neue Methode zur Bestimmung der Eisdicke

Eisdicke in der Arktis am 5. November 2010 © UHH/ KlimaCampus/ Kaleschke

Hamburger Wissenschaftlern ist es mit einer neuen Methode erstmals gelungen, die Stärke von dünnem arktischem Meereis flächendeckend zu bestimmen. Sie nutzten dafür Daten des Fernerkundungssatelliten SMOS der Europäischen Weltraumagentur ESA. Die neuen Ergebnisse könnten möglicherweise auch die Wettervorhersagen in Europa verbessern, schreiben die Forscher in der Fachzeitschrift „Geophysical Research Letters“.

Das Meereis der Arktis ist ein wichtiger Indikator für Klimaänderungen. Dabei spielt nicht nur die Größe der Eisfläche eine Rolle, sondern auch die Eisdicke. Detaillierte Daten sind wichtig, um den Wärmeaustausch zwischen Ozean und Atmosphäre zu erfassen. Dieser ist gerade bei dünnem Eis sehr groß und beeinflusst daher Wetter und Klima – auch in Nordeuropa – besonders stark. Dickes Eis dagegen wirkt isolierend und trägt daher kaum zum Wärmeaustausch bei.

Bohrungen und Echolotmessungen

Vor Ort kann die Eisdicke durch Bohrungen oder durch Echolotmessungen von U-Booten aus erhoben werden. Auch führten Hubschraubersonden elektromagnetische Induktionsmessungen durch. Diese Methoden sind jedoch mit hohem Aufwand verbunden und liefern keine flächendeckenden Daten. Der Satellit Cyrosat misst immerhin, wie weit das Eis aus dem Wasser ragt, woraus sich die Gesamtdicke erschließen lässt. Für dünnes Eis ist diese Methode jedoch nicht geeignet.

Der Satellit SMOS (Soil Moisture & Ocean Salinity) dagegen trägt ein empfindliches Radiometer, das die natürliche Wärmestrahlung der Erd- und Ozeanoberflächen bei einer Wellenlänge von 21 Zentimetern misst, dem sogenannten L-Band. Diese Strahlung liegt im langwelligen Mikrowellenbereich.

Wie tief elektromagnetische Wellen in ein Medium eindringen, zum Beispiel ins Eis, hängt wesentlich von dessen elektrischer Leitfähigkeit und der Wellenlänge ab: Je geringer die Leitfähigkeit des Mediums und je länger die eingesetzten Wellen, desto größer die Eindringtiefe. Dringen die Wellen tief ein, können Wissenschaftler Informationen über tiefer liegende Schichten ableiten – so nun auch die Dicke des arktischen Meereises.

Meereis in der Framstraße bei Spitzbergen: Das Bild zeigt dünnes Meereis und aufsteigenden Seerauch. Der Austausch zwischen dem relativ warmen Ozean (Gefrierpunkt bei -2°C) und der kalten Atmosphäre (etwa -40°C) wird durch die Meereisbedeckung reguliert. Dickes schneebedecktes Eis blockiert den Austausch fast vollständig. Durch dünnes Eis und Rinnen wird die darüberliegende kalte Atmosphäre erwärmt. © UHH/ KlimaCampus/ Kaleschke

Dünnes Meereis kontinuierlich beobachtet

„Nur mit satellitengestützter Fernerkundung im langwelligen Mikrowellenbereich des Spektrums ist es möglich, auch dünnes Meereis auf globaler Skala kontinuierlich zu beobachten“, sagt Studienleiter Professor Lars Kaleschke vom KlimaCampus der Universität Hamburg. SMOS liefere darüber hinaus erstmals globale L-Band Daten in hoher Qualität.

„Die L-Band Radiometrie ist bei Erdbeobachtungssatelliten eine ganz neue Technologie“ sagt Kaleschke. „Wir haben herausgefunden, dass wir mit SMOS die Dicke des arktischen Meereises bis zu einem halben Meter messen können. Theorie und die Beobachtung stimmen dabei gut überein. So passen die neuen Ergebnisse zu Werten, die wir zuvor mit Modellsimulationen prognostiziert hatten.“

Mit den Daten zur Meereisdicke lassen sich womöglich auch die Wettervorhersagen in Europa verbessern: „Wetterdienste haben bereits Interesse an unseren Daten bekundet“, sagt Kaleschke. (Geophysical Research Letters, 2012; doi:10.1029/2012GL050916)

(Universität Hamburg,, 13.03.2012 – DLO)

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