Astronomie

Rätsel um „verhinderte Sterne“ gelöst?

Entdeckung des bislang besten Kandidaten für einen Braunen Protozwerg liefert wichtige Erkenntnisse zum Entstehungsprozess

Kandidat für einen binären Braunen Protozwerg im Sternbild Stier: Vom Calar Alto aus aufgenommenes Infrarotbild des möglichen Braunen Protozwerges SSTB213 J041757 (das Objekt ist mit einem Pfeil markiert). © Calar Alto Observatory-CAHA / D. Barrado y Navascués et al. 2009

Braune Zwerge werden manchmal „verhinderte Sterne“ genannt. Sie bilden sich aus interstellaren Wolken, wobei noch nicht eindeutig geklärt ist, ob der Entstehungsprozess ähnlich wie bei Sternen abläuft oder eher der Entstehung von Planeten ähnelt. Sehr junge Braune Zwerge – so genannte Braune Protozwerge – sind von entscheidender Bedeutung, um die Bildung solcher Objekte besser zu verstehen. Eine kürzlich durchgeführte Studie hat nun den besten bislang bekannten Kandidaten für einen Braunen Protozwerg ausfindig gemacht.

Das unter dem Namen SSTB213 J041757 bekannte Objekt liegt im Sternbild Stier innerhalb der Dunkelwolke Barnard 213, circa 450 Lichtjahre von der Erde entfernt. Anhand von Bilder vom Calar-Alto-Observatorium konnten die Forscher zeigen, dass es sich tatsächlich um ein Doppelobjekt – Binärsystem – handelt und beide Partner Eigenschaften aufweisen, die auf Braune Protozwerge der Klasse I deuten.

Die neue Studie lässt nach Ansicht der Wissenschaftler eine Reihe von Schlussfolgerungen zu. Was den Entstehungsmechanismus angeht, stellen die Forscher fest: „Wenn die Quelle wirklich mit einem Braunen Protozwerg in Verbindung steht, ließen sich aus unseren Beobachtungen starke Indizien dafür gewinnen, dass er sich nicht in der für Planeten typischen Weise, sondern in ähnlicher Form wie Sterne geringer Masse gebildet hat.“

Verhinderte Sterne

Braunen Zwergen fehlt es an ausreichender Masse, damit in ihrem Inneren die für Sterne kennzeichnenden Kernfusionsreaktionen einsetzen können. In diesem Sinne sind sie verhinderte Sterne, besitzen aber auch einige charakteristische Eigenschaften von planetaren Gasriesen.

Die ersten Braunen Zwerge wurden 1995 entdeckt. Seitdem haben Forscher viel über diese Objekte gelernt, aber der Mechanismus – oder die Mechanismen – der Entstehung solcher „gescheiterten“ Sterne wird noch immer heiß diskutiert. Sterne wie auch Braune Zwerge entwickeln sich in ihren frühen Anfangsstadien sehr schnell, was es unwahrscheinlich macht, sie just im Geburtsprozess anzutreffen. Diese Schwierigkeit erhöht sich weiter dadurch, dass sehr junge Objekte noch eingebettet in den Gas- und Staubwolken liegen, aus deren Verdichtung sie sich bilden, und daher schlecht zu erkennen sind.

Aus Aufnahmen im Infraroten und im Submillimeterbereich zusammengesetztes Kompositbild des möglichen binären Braunen Protozwerges SSTB213 J041757 (markiert sind die beiden Komponenten A und B des Doppelsystems). Das Hintergrundbild stammt vom 3,5-m-Teleskop von Zeiss auf dem Calar Alto, ausgerüstet mit der Infrarotkamera Omega 2000. Die Kurven geben die Radioemissionen im Submillimeter-Wellenlängenbereich (350 µm) wieder, wie sie bei Beobachtungen mit dem Teleskop des Caltech Submillimeter Observatory (CSO) auf Hawaii gemessen wurden. © Calar Alto Observatory-CAHA / Barrado y Navascués et al. 2009

Körper mit geringer Leuchtkraft gesucht

Nun hat eine internationale Forschergruppe unter der Leitung von David Barrado y Navascués vom Laboratorium für Stellare und Exoplanetare Astrophysik (LAEX) beim spanischen Zentrum für Astrobiologie (CAB) den besten bis heute bekannten Kandidaten für einen Braunen Protozwerg identifiziert. Begonnen hatte die Suche mit einer Auswertung der vom Infrarotweltraumteleskop Spitzer gelieferten Daten. Gesucht wurde nach Körpern mit geringer Leuchtkraft – weniger als ein Zehntel der Leuchtkraft der Sonne -, die noch in dichte Nebelwolken gehüllt sind.

Diese Suche führte zu einer Vorauswahl in Form einer vorläufigen Kandidatenliste. Barrado y Navascués räumt jedoch ein: „Wir sind uns darüber im Klaren, dass wir unbekannte Gefilde durchforsten und die Gefahr der Verwechslung mit extragalaktischen Quellen und weitgehend erloschenen Sterne besteht, die das Aussehen möglicher substellarer Objekte annehmen können.“ Aus diesem Grund führten die Wissenschaftler „sehr umfassende Nachbeobachtungen in verschiedenen Spektralbereichen“ durch.

Viele Teleskope im Einsatz

Hierzu ließ man neben der Nutzung öffentlich zugänglicher Datenarchive auch neue, spezifische Beobachtungen zur Gewinnung von Multiband-Daten an diversen erdgebundenen Einrichtungen ausführen. Die Archivdaten stammten von Spitzer sowie aus den Himmelsdurchmusterungen 2MASS und CFHTLS. Bei den neuen Kampagnen kamen das Radioteleskop des Instituts für Radioastronomie im Millimeterbereich (IRAM) in der Sierra Nevada bei Granada, das Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte ESO in Chile, das Teleskop des Caltech Submillimeter Observatory (CSO) auf Hawaii, das Radioinferometer Very Large Array (VLA) in New Mexico (USA) sowie ein Teleskop der Sternwarte auf dem Calar Alto bei Almería zum Einsatz.

Die vom Calar-Alto-Observatorium (DSAZ) gelieferten Daten wurden im Jahr 2007 mit dem 3,5-m-Teleskop von Zeiss gewonnen, ausgerüstet mit der Infrarotkamera Omega 2000. Den Forschern zufolge waren „die Daten des DSAZ der Schlüssel zur Bestätigung der Natur des Objekts.“ Es handelt sich um räumlich hoch aufgelöste Bilder im nahen Infrarotbereich, die einen Stern zeigen, der sich als bester bisher bekannter Kandidat für einen Braunen Protozwerg erwiesen hat.

Es braucht weitere Beobachtungen und noch viel Arbeit, um weitere Kandidaten für Braune Protozwerge zu finden und die Natur dieser ersten Exemplare endgültig abzuklären. Das Forscherteam hofft aber schon in naher Zukunft neue aufregende Ergebnisse zu diesem Thema präsentieren zu können.

(Calar Alto Observatory-CAHA, 25.11.2009 – DLO)

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