Die Hieroglyphen der viertausend Jahre alten Indus-Kultur sind bis heute unentschlüsselt. Jetzt aber haben Wissenschaftler mithilfe eines mathematischen Modells Muster in den Zeichenabfolgen entdeckt, die Hinweise auf die Struktur der noch unbekannten Sprache geben. Die jetzt in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences” (PNAS) veröffentlichten Ergebnisse könnten auch bei der zukünftigen Entzifferung helfen.
Vor viertausend Jahren lebte eine hochentwickelte Zivilisation am Ufer des Indus, dem heutigen Grenzgebiete zwischen Pakistan und Indien. Archäologen haben während des letzten Jahrhunderts tausende von Artefakten ausgegraben, die auf bereits dichtbesiedelte Orte und komplexe Strukturen hindeuten. Die Schrift dieser frühen Indusbewohner ist bisher jedoch – trotz zahlreicher Versuche – noch unentschlüsselt. Die Symbole finden sich typischerweise in Folgen von fünf bis sechs Zeichen auf kleinen Siegeln, Tafeln und Amuletten. Inzwischen bezweifeln sogar einige Forscher, dass es sich überhaupt um eine echte Schrift handelt und halten die Zeichen für religiöse oder politische Piktogramme.
Modell ermittelt Muster und Wahrscheinlichkeiten
Doch indische und amerikanische Wissenschaftler haben jetzt mithilfe von Mathematik und Computermodellen die Hieroglyphen auf Muster hin analysiert, die Hinweise auf die Struktur der noch unbekannten Sprache geben. Die Analyse basiert auf dem so genannten Markow-Modell, einer statistischen Methode, die die Wahrscheinlichkeit eines zukünftigen Ereignisses aufgrund von Mustern der Vergangenheit ermittelt.
Das von dem russischen Mathematiker Andrey Markow vor hundert Jahren entwickelte Modell wird heute in so unterschiedlichen Bereichen wie der Wirtschaft, der Genetik oder der Spracherkennung eingesetzt. Im Falle der Indus-Hieroglyphen nutzen die Forscher das Modell um festzustellen, ob ein Zeichen an einer bestimmten Position in die Sprach-Muster passte, die das Programm nach Auswertung aller bekannten Hieroglyphenfolgen ermittelte.