Physik

Riesenwellen: Wie aus Mikrowellen Monster werden

Physiker analysieren im Labor die Entstehung von Riesenwellen

Wie schaukeln sich Wellen auf hoher See zu den gefürchteten Riesenwellen auf? Genau das hat jetzt ein deutsch-amerikanisches Forscherteam experimentell nachvollzogen. An Mikrowellen im Labor analysierten sie die Gesetzmäßigkeiten und stellten fest, dass die bisherigen Modelle das Geschehen nicht ausreichend erklären. Wie sie in der Fachzeitschrift „Physical Review Letters“ erklären, sind großräumige Wirbelfelder auf offener See vermutlich die entscheidenden Auslöser.

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Schiffe im Ozean werden immer wieder von einzelnen, besonders großen Wellen überrascht. „Von diesen Monsterwellen berichten Seeleute seit Jahrhunderten, dennoch ist das Phänomen in weiten Teilen noch immer unverstanden“, erklärt Professor Hans-Jürgen Stöckmann von der Philipps-Universität Marburg. Das einfachste Modell geht davon aus, dass sich die Wellenmuster durch eine zufällige Überlagerung ebener Wellen aufbauen, die aus unterschiedlichen Richtungen mit unterschiedlichen Frequenzen einfallen. Dieses Modell unterschätzt aber stark, wie häufig Wellen mit extrem hohen Amplituden auftreten. Man geht daher davon aus, dass Nichtlinearitäten erforderlich sind, um die beobachteten Amplitudenverteilungen zu erklären.

Großräumige Wirbelfelder aus Auslöser

Doch bereits im linearen Bereich sollten große Wellen deutlich wahrscheinlicher sein, als vom einfachen Modell vorhergesagt. Ausgangspunkt der Wissenschaftler um Stöckmann war daher die Überlegung, dass großräumige Wirbelfelder auf offener See zu besonders hohen Amplituden führen könnten. In einem ähnlichen Modell wurde vorgeschlagen, dass Variationen der Wassertiefe in Küstennähe zur Verstärkung von Tsunamis führen. Diese Hypothesen konnten jetzt durch das Marburger Mikrowellenexperiment bestätigt werden. „Dabei wurde der Transport von Mikrowellen durch eine Potentiallandschaft studiert“, erläutert Stöckmann.

Bisherige Modelle greifen zu kurz

Bei hohen Frequenzen zeigten die Strömungen verzweigende Strukturen, ähnlich denen, die bei stationären Abbildern von Elektronenflüssen auftreten. Bei niedrigen Frequenzen dagegen traten große Abweichungen vom Rayleigh-Gesetzt der Wellenhöhenverteilung auf. Diese können nur teilweise durch die existierenden Modelle der multifrequenten Überlagerungen erklärt werden. Zudem registrierten die Forscher echte „Hotspots“ der Intensitäten, die weit über die eines zufälligen Wellenfelds hinausgingen – genau das, was auf dem offenen Ozean als Riesenwelle zutage tritt.

Damit bestätigten die Messungen die Vorhersagen der Forscher und zeigten eine Häufigkeit der extremen Amplituden, die um viele Größenordnungen über der Vorhersage durch das einfache Modell lag. Das bisherige Modell muss demnach überarbeitet werden.

(Universität Marburg, 18.03.2010 – NPO)

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