Elektronische Krabbeltiere: Ingenieure und Biologen haben gemeinsam Roboter-Ameisen gebaut, die dem natürlichen Vorbild nicht nur optisch ähneln: Sie schleppen gemeinsam schwere Lasten und stimmen sich dabei aufeinander ab, wie es auch echte Ameisen tun. Diese bionischen Insekten sind aber kein bloßes Spielzeug – sie verdeutlichen die für die Industrie wichtige Kooperation zwischen automatisierten Robotern.
In der Wohnung werden sie mit allen Mitteln bekämpft, doch in freier Natur finden wir sie faszinierend: Ameisenstraßen aus oft mehreren hundert Tieren, die ihre Nahrung zum Bau schleppen. Besonders interessant ist für Forscher dabei, wie sich der Schwarm organisiert und wie die einzelnen Tiere untereinander abstimmen. Wissenschaftler versuchen deshalb schon seit einiger Zeit, derartiges Schwarmverhalten mit künstlicher Intelligenz nachzubauen.
Funktechnik statt Duftmarken
Wissenschaftler um Knut Graichen von der Universität Ulm haben Roboter-Ameisen nach dem natürlichen Vorbild konstruiert, die sie nun auf der Hannover Messe präsentieren. Während echte Ameisen beim Lastentransport über Duftmarken, Berührungen oder Vibrationen kommunizieren, verlassen sich die selbststeuernden „BionicANTs“ auf Funktechnik.
Da die Ameisen beim Lastentransport aufeinander achten müssen, war die wechselseitige Kopplung zwischen mehreren Ameisen die größte Herausforderung. „Unsere verteilte Regelungsarchitektur basiert auf einem so genannten Multi-Agenten Ansatz, bei dem die bionischen Ameisen kontinuierlich Informationen austauschen“, erläutert Graichen. „So können sie das Transportgut gemeinsam zum Ziel bringen“. Alle BionicANTs seien gleichberechtigt an der Aufgabe beteiligt, weshalb ihre Anzahl beliebig verändert werden könne.
Ganz nach Vorbild
Die künstlichen Ameisen entstanden beim Hersteller Festo AG in Zusammenarbeit mit Biologen und ähneln im Design ganz dem natürlichen Vorbild – allerdings sind sie mit fast 14 Zentimetern Länge deutlich größer. Sie bestehen aus lasergesinterten Bauteilen mit elektronischen Schaltungen auf der Oberfläche. Beine und Greifer lassen sich mit piezoelektrischen Biegewandlern präzise und schnell steuern.
Für die nötige Orientierung sorgen 3D-Kameras in den Ameisen-Augen sowie ein optischer Sensor. Die ständige Kommunikation untereinander – entscheidend für die Regelungstechnik – erfolgt über Funkmodule im Rumpf der Roboterinsekten. Über ihre Fühler können die Ameisen ihre Stromversorgung selbstständig wieder aufladen.
Die bionischen Ameisen sind weitaus mehr als bloße Spielerei: Sie dienen als Forschungsobjekte für kooperatives Verhalten in der verteilten Automatisierung, erklärt Graichen, und betont: „Das ist nicht nur im Kontext von Industrie 4.0 ein wichtiges Thema.“
(Universität Ulm, 14.04.2015 – AKR)