Skurriler Effekt: Forschern ist es erstmals gelungen, Schallwellen mit negativer Frequenz zu erzeugen. Dabei kommen die zuletzt ausgesendeten Schallwellen als erste an – sie überholen sich sozusagen selbst. Möglich wird dies durch eine mittels Rotation erzeugte Variante des Doppler-Effekts. Sie manipuliert den Bahndrehimpuls der Wellen so, dass er sich umkehrt, wie die Forscher erklären. Sie haben diesen Effekt des Rotations-Doppler-Effekts nun erstmals experimentell nachgewiesen.
Der Doppler-Effekt belegt, dass sich Schallwellen je nach Geschwindigkeit ihrer Quelle und des Empfängers verändern: Bewegt sich eine Schallquelle schnell auf uns zu, wird der Schall gestaucht und der Ton erscheint höher. Er klingt dagegen tiefer, wenn sich die Schallquelle entfernt. Noch extremer aber sind die Effekte bei Überschall-Tempo: Hier kann es sogar zu einer Umkehr der Wellen kommen – einer Art negativer Frequenz.
„Bei diesen Geschwindigkeiten würde man den Klang der Sirene rückwärts hören“, erklärt Seniorautor Miles Padgett von der University of Glasgow. „Denn der Zuhörer ist nun schneller als der Schall und dadurch erreichen die jüngsten Töne früher sein Ohr als ältere – genau umgekehrt wie bei normalen Geschwindigkeiten.“ Dieser Effekt war bisher nur für Überschall-Geschwindigkeiten und für den linearen Doppler-Effekt bekannt.
Schraubig verdrehte Schallwellen
Doch jetzt haben Padgett und seine Kollegen diesen Effekt erstmals auch ohne Überschall nachgewiesen – mithilfe des sogenannten Rotations-Doppler-Effekts. Dieser tritt auf, wenn eine Schallquelle rotiert und dadurch in sich schraubig verdrehte Schallwellen erzeugt. Ähnlich wie beim „Korkenzieher“-Licht wird dadurch der Bahndrehimpuls der Wellen verändert.
Bisher galt es aber als unmöglich, Wellen durch diese Rotation so stark zu manipulieren, dass sie sich selbst überholen – und dadurch negative Frequenzen auftreten. Padgett und seine Kollegen aber haben dennoch den Versuch gewagt. Für ihr Experiment befestigten sie 16 Lautsprecher kreisförmig auf einem drehbaren Ring. Wird aus diesen rotierenden Quellen ein Ton mit leicht verschobener Phase gesendet, entsteht eine Schallwelle mit Bahndrehimpuls.
Gegenüber brachten die Forscher zwei ebenfalls drehbar gelagerte Mikrophone an, durch die sie den Bahndrehimpuls der Schallwellen ermitteln konnten. „Der Rotations-Doppler-Effekt lässt sich durch die Verfolgung der Peaks in den Spektren messen, die von den rotierenden Mikrophonen aufgezeichnet werden“, erklären die Wissenschaftler.
„Umgestülpte“ Frequenz
Als die Forscher nun beide Ringe drehten, geschah Überraschendes: „Dadurch konnten wir akustische Wellen erzeugen, die durch den Rotations-Doppler-Effekt ins Negative verschoben wurden“, berichtet Erstautor Graham Gibson von der University of Glasgow. „Ihr Bahndrehimpuls kehrte sich um – das ist noch nie zuvor nachgewiesen worden.“
Spannend auch: Dieser Effekt der „umgestülpten“ Schallwellen trat schon bei Rotations-Geschwindigkeiten weit unter Überschall-Tempo auf. „Wir konnten diese negativen Frequenzen erzeugen, während unser Mikrophon-Ring mit einer Rotationsrate von nur 25 Hertz rotierte – das wäre beim linearem Doppler-Effekt unmöglich“, sagt Gibson.
Mit ihrem Experiment haben die Forscher erstmals nachgewiesen, dass sich eine negative Frequenzverschiebung und umgekehrte Bahndrehimpulse mit dem Rotations-Doppler-Effekt erzeugen lassen
Ähnlicher Effekt bei Licht?
Gibson und seine Kollegen vermuten, dass Ähnliches auch bei elektromagnetischen Wellen auftreten könnte. „Die ungewöhnlichen Effekte in unserem akustischen Regime sind ein eher allgemeines Merkmal der Wellenphysik“, so die Wissenschaftler. „Sie könnten daher auch Implikationen für die Interaktion von Licht mit sehr schnell rotierenden Systemen haben.“
Welche Anwendungen dieser skurrile Effekt hätte, ist allerdings noch unklar. „Wir sind gespannt darauf, die Implikationen dieses Nachweises nun näher zu ergründen“, sagt Koautor Dave Philipps von der University of Exeter. „Dieses spannende Ergebnis könnte aber in einer ganzen Reihe von wissenschaftlichen Fachgebieten Anwendungen haben, darunter auch der Quantenfeldtheorie.“ (Proceedings of the National Academy of Science, 2018; doi: 10.1073/pnas.1720776115)
(University of Glasgow, 28.03.2018 – NPO)