Erstmals hat ein internationales Wissenschaftlerteam einen rotierenden Neutronenstern – einen Pulsar – anhand seiner Gammastrahlung identifiziert. Über ihre Entdeckung mithilfe des Fermi Gamma-Ray Space Teleskops berichten die Forscher in der aktuellen Ausgabe von „Science Express“.
Das Leben von sehr massereichen Sternen endet nach wenigen Millionen Jahren in einer Supernova. Als weithin sichtbare Überreste der Sterne bleiben die abgestoßenen Hüllen als Explosionswolken und die Kerne als Neutronensterne oder schwarze Löcher zurück. In den Gaswolken verteilen sich die aus Fusionsreaktionen im Innern der Sterne erzeugten höheren Elemente im interstellaren Medium. Nachdem sich die Explosionswolke aufgelöst hat, existiert oft nur noch der kompakte Neutronenstern.
Heller als der Planet Venus
Vor zehn- bis fünfzehntausend Jahren muss im Sternbild Kepheus, nicht weit vom Himmelsnordpol entfernt, für einige Monate ein prächtiger neuer Stern geleuchtet haben: eine Supernova, die mit der doppelten Helligkeit des Planeten Venus strahlte. Die Explosionswolke dieses Sterns misst heute am Himmel drei Vollmonddurchmesser und wurde in den 1960er-Jahren mit einem Radioteleskop aufgespürt.
Dieses CTA 1 genannte Objekt ist etwa 4.600 Lichtjahre von der Erde entfernt, und nahe seinem Zentrum spürten Astronomen eine kompakte Quelle von Röntgen- und Gammalicht auf. Vermutlich handelt es sich dabei um den Kern des massereichen, explodierten Sterns – um den Neutronenstern. Der Beweis für diese Hypothese stand bisher allerdings aus.
Pulsierendes Aufleuchten
Bestätigt wurde diese Vermutung jetzt von Forschern um Gottfried Kanbach vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching mit dem neuen, leistungsstarken Fermi Gamma-Ray Space Teleskop – früher GLAST genannt -, das auf einer Kreisbahn in 560 Kilometer Höhe die Erde umrundet.
Mit ihm ließ sich erstmals im Gammalicht die Rotation eines Pulsars nachweisen: Ein junger, hochmagnetischer Neutronenstern dreht sich etwa dreimal in der Sekunde um seine Achse. Dabei streicht ein intensiver Gammastrahl, wie bei einem Leuchtturm, über die Erde – und die Astronomen registrieren ein periodisches (pulsierendes) Aufleuchten. Die Energie der Gammastrahlung des Pulsars in CTA 1 entspricht etwa dem Tausendfachen der Leuchtkraft unserer Sonne.
Die meisten der bisher bekannten 1.800 Pulsare wurden im Radiobereich entdeckt und sind typischerweise eine Million Jahre alt. Der neu entdeckte junge Neutronenstern gehört zu einer kleinen, bisher nur ungefähr zehn Mitglieder umfassenden Familie von Hochenergiepulsaren. Mehr noch: „Wir haben hier einen vollkommen neuen Typus vor uns, denn ohne die Gammastrahlenmessung wäre dieser energiereiche, junge Pulsar unbekannt geblieben“, sagt Kanbach.
Der chemischen Evolution der Milchstraße auf der Spur
„Junge Gammapulsare wie der in CTA 1 gefundene sind deshalb besonders geeignet, ein neues Fenster für die Untersuchung von Supernova-Überresten aufzustoßen und unser Verständnis der Sternentwicklung und der chemischen Evolution der Milchstraße zu vertiefen“, erklärt Kanbach. Vermutlich handelt es sich bei vielen der bisher entdeckten, aber noch nicht näher identifizierten Gammaquellen um Mitglieder dieser neuen Objektklasse, also um junge Pulsare.
Das Fermi Gamma-Ray Space Telescope der NASA wurde am 11. Juni 2008 gestartet und hat jetzt die Durchmusterung des gesamten Himmels mit einer bisher im Gammabereich unerreichten Empfindlichkeit begonnen. Am Bau der Detektoren auf Fermi und am Betrieb des Observatoriums sind neben der NASA und dem US Department of Energy Institute in den Vereinigten Staaten, in Frankreich, Italien, Schweden, Deutschland und Japan beteiligt.
(MPG, 17.10.2008 – DLO)