Die Veränderungen der Eismassen in der westlichen Antarktis von Jahr zu Jahr gehen im Wesentlichen auf Niederschlagschwankungen zurück, die entscheidend durch das Klimaphänomen El Nino gesteuert werden. Dies berichten jetzt Geowissenschaftler in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Earth and Planetary Science Letters“.
Die Forscher des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ untersuchten in ihrer neuen Studie Daten der deutsch-amerikanischen Satellitenmission GRACE – Gravity Recovery and Climate Experiment. Dabei zeigten sich beträchtliche regionale Unterschiede im westlichen Küstenbereich der Südpolregion.
Antarktische Halbinsel…
Zwei Gebiete in der Antarktis sind wegen ihrer möglichen Sensitivität gegenüber globalen Klimaveränderungen für Forscher von besonderem Interesse: Zum einen die Antarktische Halbinsel, wo gegenwärtig eine den globalen Mittelwert überschreitende Erwärmung und das Verschwinden großer Schelfeisgebiete zu beobachten sind.
…und Amundsen-Gebiet der West-Antarktis im Visier
Zum anderen handelt es sich dabei um das Amundsen-Gebiet der West-Antarktis, in der derzeit die größten Fließgeschwindigkeiten und Massenverluste des Antarktischen Eisschildes auftreten. Für einige Gletscher verringert sich den Wissenschaftlern zufolge dabei die Eismächtigkeit rapide, Gletscher und Eisströme weichen hier deutlich ins Landesinnere zurück. Beide Regionen tragen derzeit mit circa 0,3 Millimeter pro Jahr beträchtlich zur globalen Meeresspiegeländerung von etwa drei Millimetern pro Jahr bei.
In der neuen Studie bestimmten die GFZ-Wissenschaftler nun einerseits die Massenbilanz beider Regionen aus Schwerefelddaten der Satellitenmission GRACE neu. Dabei fielen die Schätzungen deutlich niedriger aus als bei konventionellen Verfahren. „In der GRACE-Zeitreihe konnte zum ersten Mal direkt beobachtet werden, wie die Eismasse in den beiden Gebieten durch Schwankungen im Niederschlag von Jahr zu Jahr variiert“, erklärt Ingo Sasgen vom GFZ.
El Nino beeinflusst Schneefall in der Antarktis
Es ist seit längerem bekannt, dass das pazifische El Nino-Klimaphänomen und der Schneefall in der Antarktis miteinander zusammenhängen. Auch das Komplementärstück zur El Nino-Warmphase, die unter dem Namen La Nina bekannte Kaltphase wirkt auf das Klima ein: „So führen die kühleren La Nina-Jahre zu einem ausgeprägten Tiefdruckgebiet über der Amundsen-See, was hohe Niederschläge entlang der Antarktischen Halbinsel begünstigt – die Eismasse nimmt dort zu“, erläutert Professor Maik Thomas. Er ist Leiter der Sektion „Erdsystem-Modellierung“ am GeoForschungsZentrum.
„Im Amundsen-Gebiet dagegen dominiert zu diesen Zeiten trockene Luft aus dem Landesinneren. El Nino-Jahre mit ihren Warmphasen führen zu genau umgekehrten Mustern: Niederschlags- und Massenabnahme in der Antarktischen Halbinsel, bzw. Zunahme im Amundsen-Gebiet“, so Thomas weiter.
Viele ungeklärte Fragen
Die Erfassung der gesamten Eismassen am Südpol und ihre Veränderung ist eine zentrale Aufgabe der Klimaforschung und wirft noch viele ungeklärte Fragen auf. Grundsätzlich konnte die Studie nach Angaben der Forscher zeigen, dass die kontinuierlichen Schwerefelddaten der Satellitenmission GRACE ein weiteres wichtiges mittelfristiges Klimasignal enthalten.
(idw – Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, 01.11.2010 – DLO)