Der schnellste Hochleistungsrechner Europas ist in Jülich ans Netz gegangen. Mit diesem Supercomputer können die Wissenschaftler berechnen, wie sich Erdplatten aneinander reiben oder wie schwere Sterne im Zentrum einer Galaxie zu einem schwarzen Loch verschmelzen. Der IBM-Rechner kann nahezu neun Billionen Rechenoperationen pro Sekunde ausführen und nimmt damit weltweit Platz sechs in der Rangskala der zivilen Rechner ein.
Umweltforscher tun es, Materialforscher tun es und Elementarteilchenphysiker auch: Sie nutzen die Supercomputer des Forschungszentrums Jülich. Jetzt können Jülicher Wissenschaftler und 100 Forschergruppen aus ganz Deutschland noch schneller als bisher berechnen, wie ein Schadstoff durch den Boden oder Wasserstoff durch eine Brennstoffzelle wandert. Wie entstehen schwarze Löcher? Wie breiten sich Schadstoffe im Grundwasser aus? Wie funktioniert Magnetismus auf der Nanoskala? Wie bewegen sich die Platten, die die Oberfläche unserer Erde bilden? Solche Fragen beantworten die Wissenschaftler mithilfe mathematischer Modelle, die sie auf einem Computer umsetzen. Da die Szenarien jedoch sehr komplex sind, brauchen sie eine große Rechenkapazität.
„Früher waren Naturwissenschaftler allein auf Experiment und Theorie angewiesen, um zu Ergebnissen zu gelangen. Das Wissenschaftliche Rechnen hat ihre Arbeit revolutioniert“, so Dr. Thomas Lippert, Leiter des Zentralinstituts für Angewandte Mathematik (ZAM) am Forschungszentrum Jülich. „Immer dann, wenn ein Experiment zu aufwändig ist oder eine Theorie nicht mit Papier und Bleistift berechnet werden kann, sind die Wissenschaftler auf Computer-Simulationen angewiesen. Ideale Voraussetzungen dazu finden sie auf dem Höchstleistungsrechner in Jülich.“
Computer-Wettlauf
„Das Wissenschaftliche Rechnen hat in Jülich eine lange Tradition“, betonte der Vorstandsvorsitzende des Forschungszentrums, Joachim Treusch, bei der Inbetriebnahme. „Mit dem neuen Supercomputer wird Jülich zum leistungsstärksten wissenschaftlichen Rechenzentrum in Europa.“ Gemeinsam mit dem Hermann Schunck vom Bundesforschungsministerium startete Treusch einen „Computer-Wettlauf“ zwischen dem jetzigen und dem neuen Jülicher Supercomputer. Anhand eines Beispiels aus der Umweltforschung wurde deutlich, dass der neue Supercomputer weit mehr als das Zehnfache der gegenwärtig verfügbaren Rechenleistung zu bieten
hat. Dabei wurde simuliert, wie sich Schadstoffe im Grundwasser ausbreiten. Dem Grußwort von Schunck als Vertreter des Bundes schlossen sich Dr. Waltraud Kreutz-Gers vom NRW-Wissenschaftsministerium und Vice President Francis Kuhlen von IBM an.
Der neue IBM-Supercomputer des Forschungszentrums besteht aus 41 Rechnerknoten mit insgesamt 1312 Prozessoren und erreicht damit eine Spitzenleistung von nahezu neun TeraFlops. Mit 5,2 TeraByte besitzt der neue Rechner einen herausragend großen Arbeitsspeicher. Ein schnelles Netzwerk – genannt High Performance Switch – verbindet die 41 Knoten zu einem einheitlichen Gesamtsystem. Die Hälfte der Rechenkapazität des neuen Jülicher Supercomputers nutzen Wissenschaftler des Forschungszentrums und der Industrie, die andere Hälfte wird bundesweit durch das John von Neumann-Institut für Computing (NIC) vergeben – für Projekte aus Wissenschaft und Forschung. Das NIC wurde 1998 vom Forschungszentrum Jülich und von der Stiftung Deutsches Elektronen-Synchrotron (DESY) gegründet. Derzeit gibt es etwa 100 Projekte an Universitäten und Forschungseinrichtungen in Deutschland, die die Supercomputer in Jülich nutzen. Betrieben werden die Supercomputer samt der erforderlichen Infrastruktur wie Software, Datenspeicher und Netzwerke vom Jülicher Zentralinstitut für Angewandte Mathematik (ZAM).
(idw – Forschungszentrum Jülich, 17.02.2004 – AHE)