Zerplatzt wie eine Seifenblase? Nicht im Weltall: Bei Schwerelosigkeit sind die sonst so zerbrechlichen Seifenblasen überraschend stabil. In einem von Schülern vorgeschlagenen Experiment hat der deutsche Astronaut Alexander Gerst dies auf der Internationalen Raumstation herausgefunden. Die vermeintliche Spielerei könnte durchaus industrielle Bedeutung bekommen.
Schillernd, schwebend – und bei der kleinsten Berührung zerplatzt. Die derart zerbrechlichen Seifenblasen sind ein Symbol für zwar schön anzusehende Überlegungen, Wünsche und Träume, die letztendlich aber vergänglich sind. Wie sie platzen, ist physikalisch erforscht – für stabilere Seifenblasen ist jedoch ein längerer Flug erforderlich: Im Weltall sind die bunten Träumereien wesentlich haltbarer.
Mühelos eine Minute lang stabil
Getestet hat dies der deutsche ESA-Astronaut Alexander Gerst an Bord der Internationalen Raumstation ISS. Die Idee zu dem Experiment war das Ergebnis des Wettbewerbs „Aktion 42“, den das DLR, die ESA und die Stiftung Jugend forscht ausgeschrieben hatten. Dabei durften Schüler aus ganz Deutschland Vorschläge einreichen. Die einzige Bedingung: Das Material musste bereits an Bord der Raumstation vorhanden sein.
Ausgerüstet mit einem Strohhalm, einer Tüte mit dem Haarshampoo der ISS-Bewohner und einer Stoppuhr stellte Gerst fest: Seifenblase um Seifenblase hält in der ISS mühelos im Durchschnitt eine Minute lang. „Die sind schon sehr stabil“, wunderte sich der Astronaut beim Experiment im europäischen Forschungslabor Columbus, als die erste Seifenblase erst nach 55 Sekunden platzte.
„Auf der Erde haben wir rund 100 Seifenblasen getestet und nur wenige blieben so lange stabil“, betont Matthias Sperl vom DLR-Institut für Materialphysik im Weltraum. „Gerade einmal nach durchschnittlich 20 bis 30 Sekunden platzten die Seifenblasen unter Schwerkraft. Und Alexander Gerst macht gerade einmal eine Handvoll Seifenblasen, und alle erreichen eine extrem hohe Lebensdauer.“
Härtetest mit Sicherheitsnadel
Und nicht nur das: Die Seifenblasen halten nicht nur länger, sie sind auch viel stabiler gegenüber Störungen und Berührungen. Selbst eine Sicherheitsnadel, die der Astronaut direkt in die Hülle stach, brachte die Seifenblasen nicht zum Platzen. Der Grund dafür: Auf der ISS herrscht Schwerelosigkeit, dort zieht keine Erdanziehungskraft an den Bestandteilen der Seifenblasen. „Die Wand der Seifenblase ist unter Schwerelosigkeit einfach dicker und gleichmäßiger als auf der Erde“, erläutert DLR-Projektleiter Sperl.
Die Seifenblasenhülle besteht aus einer Wasserschicht zwischen zwei Schichten Seife. Auf der Erde fließt das Wasser in Richtung Boden – oben wird die Schicht dadurch immer dünner und besteht schließlich nur noch aus den beiden äußeren Seifenschichten. Schließlich reißt sie vollständig und die Seifenblase platzt irgendwann, selbst wenn sie nirgends angestoßen ist. Auf der ISS dagegen bleibt die Wasserschicht gleichmäßig verteilt.
Auch auf der ISS halten die Seifenblasen jedoch nicht ewig. Warum sie trotz der Schwerelosigkeit irgendwann von allein zerplatzen, kann auch Sperl nicht genau erklären: „Dort oben wird die Luft durch die Ventilation bewegt, das könnte ein Grund sein“, schätzt er. „Beim freien Schweben würden die Blasen außerdem an den Wänden der ISS zerplatzen, hält man sie deshalb mit einem Strohhalm fest, übt auch das wieder einen Einfluss auf die empfindlichen Seifenblasen aus.“
Festere Blasen auch auf der Erde?
Die Ergebnisse der Experimente könnten auf der Erde beispielsweise bei der Produktion von Schäumen helfen. In der Industrie kommt es oft darauf an, besonders stabile Schäume herzustellen – dafür ist es wichtig, die Struktur einzelner Blasen verstehen und kontrollieren zu können. „Wenn wir hier oben herausfinden, wie es im Prinzip funktioniert, könnte man vielleicht auch auf der Erde unter Gravitation Schaumblasen mit dichteren Hüllen produzieren“, sagt Gerst.
Ein Teil des Schülerexperiments hingegen verlief anders als erwartet: Gerst wollte auch die Auswirkung von Schall auf die Seifenblasen testen und beschallte sie mit Techno-Musik aus dem Lautsprecher. Die Belüftungsanlage der Raumstation machte ihm jedoch einen Strich durch die Rechnung – es ließ sich nicht eindeutig sagen, ob sich die Seifenblasen durch die Schallwellen oder aufgrund der Ventilation bewegten. „Die Musik war nicht stark genug gegenüber der Ventilation auf der Raumstation“, erklärt Projektleiter Sperl. „Aber es sind halt Experimente – und nicht immer sieht man die erwarteten Effekte deutlich genug.“
(Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), 10.07.2014 – AKR)