Abraum als Ressource: Ein neues Verfahren gewinnt wertvolle Seltene Erden aus Abfallstoffen wie der Asche von Kohlekraftwerken und dem Bauxitschlamm der Aluminiumgewinnung. Beim Blitzverdampfen mittels „Flash Joule Heating“ werden die Seltenerdmetalle innerhalb von Sekunden aus dem Material herausgelöst und in lösliche Oxide oder Metalle überführt. Dieses Blitzverdampfen erhöht die Ausbeute, benötigt aber im Gegensatz zu gängigen Verfahren weniger Energie und keine starken Säuren, wie das Team berichtet.
Seltenerdmetalle wie Yttrium, Neodym, Terbium oder Dyprosium sind für die modernen Technologien unverzichtbar. Sie stecken unter anderem in Magneten, Displays, Halbleitern, Elektroautos oder Generatoren. Doch der Nachschub ist knapp und teuer, noch dazu kommt der größte Teil dieser Seltenen Erden zurzeit aus China. Umso wichtiger wäre es, auch bisher ungenutzt Ressourcen für diese Rohstoffe zu nutzen.
Ungenutzter Schatz in Asche und Schlamm
Zu den bisher kaum genutzten Quellen von Seltenerdmetallen gehören vor allem die in Kohlekraftwerken produzierte Asche sowie der Bauxitschlamm aus der Aluminiumgewinnung. Beide enthalten bisher weitgehend ungenutzte Anteile Seltener Erden. In Kohleasche, von der jährlich weltweit rund 750 Millionen Tonnen anfallen, liegt der Seltenerdgehalt im Schnitt bei rund 500 Teilen pro einer Million (ppm) , wie Bing Deng und seine Kollegen von der Rice University in Houston berichten.
Damit enthalten diese Abfallstoffe zwar weniger Seltenerdmetalle als die meisten Erze, dafür ist jedoch der Anteil der fünf besonders wichtigen Elemente Ytterbium, Neodym, Terbium, Europium und Dysprosium in der Kohleasche deutlich höher als in gängigen chinesischen Erzvorkommen. Das Problem jedoch: Die bisher üblichen Verfahren zur Seltenerdabtrennung mittels starker Lösungsmittel und Säuren sind nicht nur umweltschädlich und aufwendig, sondern auch wenig effizient. Daher werden sie kaum genutzt.
Extraktion durch Blitzverdampfen
Eine Lösung könnte jedoch das „Flash Joule Heating“ bieten. Bei diesem ohmschen Blitzverdampfen wird das Rohmaterial mit Ruß angereichert und dann durch einen kurzen, heftigen Stromstoß blitzschnell bis auf mehr als 3.000 Grad aufgeheizt. Deng und sein Team haben diese Methode bereits eingesetzt, um Metalle aus Elektroschrott zu verdampfen und abzutrennen. Ob sich das Blitzverdampfen auch für die Extraktion von Seltenerdmetallen aus Kohleasche eignet, haben sie nun untersucht.
Für ihre Studie nutzten die Forschenden zwei gängige Varianten der Kohleasche, deren Seltenerdgehalt bei 418 und 516 Milligramm pro Kilogramm Material lag. Zusätzlich führten sie Tests mit getrocknetem Bauxitschlamm aus der Aluminiumgewinnung durch. Dieser kann teilweise sogar 1.000 ppm Seltenerdmetalle enthalten. Einen Teil jedes Testmaterials unterzogen die Wissenschaftler zu Vergleichszwecken einer gängigen Säuren-Extraktion durch starke Salzsäure oder Salpetersäure.
Beim Rest der Proben führte das Team die Abtrennung per Flash-Joule-Heating durch. Bei diesem liegen die Seltenerdmetalle hinterher als lösliche Oxide oder sogar in metallischer Form vor. Sie können dann mit einer nur 0,1 molaren, schwachen Salzsäure abgetrennt werden, wie Deng und seine Kollegen erklären.
Doppelt so hohe Ausbeute
Die Tests ergaben: Nach dem Flash-Joule-Heating lag die Ausbeute an extrahierbaren Seltenerdmetallen bei allen Abfallstoffen um 170 bis 230 Prozent höher als bei den gängigen Verfahren. Die Forschenden führen dies darauf zurück, dass die starke, aber kurze Erhitzung auf rund 3.000 Grad die Metalle effektiver mobilisiert als die rein chemischen Verfahren. So ist ein Teil der Seltenerdmetalle in der Kohleasche an schwerlösliche Phosphate gebunden oder in winzige Glaspartikel eingeschlossen.
„Das Flash-Joule-Heating zerbricht das Glas, das diese Elemente umschließt, und wandelt die Seltenerd-Phosphate in Metalloxide um, die viel leichter löslich sind“, erklärt Koautor James Tour. Im Experiment erweis sich zudem der Anteil an Verunreinigungen nach der Extraktion mittels Blitzverdampfen als geringer. Insgesamt können die wertvollen Seltenerdmetalle dadurch effizienter aus Abfallstoffen wie Kohleasche und Bauxitschlamm gewonnen werden.
Auch wirtschaftlich rentabel
Nach Ansicht von Deng und seinem Team könnte das neue Verfahren damit die Gewinnung von Seltenerdmetallen aus solchen Reststoffen praktikabler und vor allem lohnender machen als bisher. Denn die Methode sei auch schneller und kostengünstiger als gängige Extraktionsmethoden: „Das Flash-Joule-Heating ist sehr energieeffizient und benötigt nur rund 600 Kilowattstunden pro Tonne – das entspricht Kosten von rund zwölf US-Dollar pro Tonne“, berichten sie.
Gegenüber herkömmlichen Verfahren könnte die Blitzverdampfung nach Angaben der Wissenschaftler bis zu zehnmal höhere Gewinnspannen ermöglichen. Gleichzeitig sei der Prozess gut skalierbar und in automatisierte Prozesse zu integrieren. „Die kommerzielle Anwendung des Flash-Joule-Heatings auf mehrere Tonnen pro Tag könnte den Weg ebnen zu einer Seltenerdgewinnung aus Abfallstoffen in großem Stil“, betonen Deng und seine Kollegen. (Science Advances, 2022; doi: 10.1126/sciadv.abm3132)
Quelle: Rice University