Beinahe unsichtbar: Die Flügel des des Glasflügel-Schmetterlings reflektieren fast kein Licht, selbst bei schrägem Lichteinfall. Sie sind deshalb völlig transparent. Den Trick dahinter haben Karlsruher Wissenschaftler nun herausgefunden: Unregelmäßige Nanostrukturen auf der Oberfläche der Flügel wirken nicht nur wasserabweisend und selbstreinigend, sie unterdrücken auch die Lichtreflexion.
Schmetterlingsflügel haben viele faszinierende Eigenschaften. Winzige Strukturen auf den den Flügelschüppchen, lassen Wasser von ihrer Oberfläche abperlen, ohne Nässe oder Spuren zu hinterlassen. Die Nanostrukturen erzeugen aber auch irisierende Farben und schillernde Muster.
Extrem durchsichtig
Der hauptsächlich in Mittelamerika vorkommende Glasflügel-Schmetterling (Greta oto) kann mit einem ganz besonderen Trick aufwarten: Wenn er fliegt, ist er für Fressfeinde beinahe unsichtbar. Seine Flügel sind extrem durchsichtig, sie reflektieren selbst bei schrägem Blickwinkel kaum Licht. Zwar gibt es in der Natur auch andere durchsichtige Materialien, die wenig spiegeln, beispielsweise die Augen einer Motte. Doch gewöhnlich gilt dies nur bei senkrechtem Lichteinfall.
Anders beim Glasflügler: Je nach Blickwinkel reflektieren seine Flügel nur zwei bis fünf Prozent des einfallenden Lichts. Zum Vergleich: Eine Glascheibe wirft acht bis hundert Prozent zurück. Sie spiegelt daher deutlich stärker und verliert dadurch bei schrägem Winkel auch einen Großteil ihrer Transparenz.
Ein Tausendtel eines menschlichen Haares
Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben nun erstmals genauer untersucht, was dem Schmetterling diese Transparenz verleiht. Sie sahen sich die Schmetterlingsflügel dafür unter einem Rasterelektronenmikroskop an. Vorherige Studien anderer Tiere hatten gezeigt, dass regelmäßige Nanostrukturen auf der Oberfläche für geringe Reflexionen verantwortlich sind.
Auch bei Greta oto fanden sie solche Nanostrukturen in Form winziger Säulen auf den Flügeln. Doch anders als bei zuvor untersuchten Oberflächen waren diese unregelmäßig angeordnet und auch unterschiedlich groß. Die Höhe der Säulen variierte zwischen 400 und 600 Nanometern, ihre Abstände zwischen 100 und 140 Nanometern, wie die Forscher berichten. Dies entspricht etwa einem Tausendstel eines menschlichen Haares.
In Simulationen haben die Karlsruher Forscher diese Unregelmäßigkeit der Nanosäulen in Größe und Anordnung mathematisch abgebildet. Sie konnten zeigen, das die im Modell reflektierte Lichtmenge der beobachteten entspricht: Die unregelmäßigen Strukturen sind demnach tatsächlich der Grund für die geringe Reflexion in unterschiedlichen Betrachtungswinkeln.
Nützliches Chaos
Radwanul Hasan Siddique, der Entdecker des Effekts, ist von dem Glasflügler fasziniert: „Nicht nur optisch mit seinen durchsichtigen Flügeln, sondern auch wissenschaftlich, da er sich im Gegensatz zu anderen Naturphänomenen, bei denen Regelmäßigkeit oberstes Gebot ist, scheinbares Chaos zunutze macht und damit auch für den Menschen spannende Effekte erzielt.“
Wenn sich dieser Effekt technisch reproduzieren lässt, eröffnen sich eine Fülle von Anwendungsmöglichkeiten, zum Beispiel für Laptop-Displays oder Brillengläser – überall wo schwach reflektierende Oberflächen gebraucht werden. Die Karlsruher Wissenschaftler arbeiten bereits an Prototypen. Sie konnten zeigen, dass diese spezielle Art der Oberflächenbeschichtung, auch wasserabweisend und selbstreinigend wirkt. (Nature Communications, 2015; doi: 10.1038/ncomms7909)
(Karlsruher Institut für Technologie, 23.04.2015 – RPA)