Brennender Schmerz und häufiger Harndrang – Blasenentzündung ist eine verbreitete, aber äußerst unangenehme Krankheit. Den verantwortlichen Erreger und damit das richtige Gegenmittel zu finden, ist jedoch noch ein langwieriger Prozess. Wissenschaftler aus Jena haben erstmals unter Realbedingungen nachgewiesen, dass optische Verfahren die Erreger von Harnwegsinfektionen schneller als Standardverfahren nachweisen können. Sie veröffentlichten die mittels Raman-Spektroskopie erzielten Ergebnisse jetzt im Fachblatt „Analytical Chemistry“.
„Zieh dir was an, Kind!“. Jeder kennt die gutgemeinten elterlichen Ratschläge. Spätestens nach der ersten Blasenentzündung bekommen Sie eine neue Bedeutung. Beinahe jede zweite Frau ist mindestens einmal im Leben betroffen. Einigen Harnwegsinfektionen kann man mit Kräutertees und warmer Unterwäsche beikommen, in hartnäckigen Fällen hilft nur ein Antibiotikum.
Laser erzeugt schwingenden Fingerabdruck
Doch welcher Keim verursacht die Entzündung? Die Antwort auf diese Frage ist entscheidend für eine schnelle und effektive Behandlung. Um den Erreger zu identifizieren wird bisher eine Urinprobe genommen und aus den enthaltenen Keimen eine Bakterienkultur gezüchtet. Erst nach mindestens 24 Stunden lässt sich auf diesem Wege sagen, welche Bakterien genau vorliegen.
Die Forscher um Sandra Kloß am Institut für Photonische Technologien (IPHT) in Jena fanden mit Hilfe der Raman Spektroskopie einen schnelleren Weg. Bei dieser Art der Spektroskopie lässt sich anhand der Farbverschiebung von Laserlicht auf die Inhaltsstoffe der beleuchteten Probe schließen. Der Laser regt die Moleküle zum Schwingen an, wodurch jedes Molekül ein unverwechselbares Spektrum preisgibt, gewissermaßen einen Fingerabdruck.
Abgleich mit bekannten Erregern
Dieser Fingerabdruck ändert sich mit der Zusammensetzung der Probe. Bei Bakterien hängt er auch von Kultivierungsmedium und Inkubationszeit ab. Anhand dieser Tatsache konnten die Wissenschaftler aus Jena eine Datenbank mit den Spektren der bekannten Erreger von Harnwegsinfektionen in verschiedenen Urinen als Kultivierungsmedium anlegen. Diese Daten konnten sie dann mit den Spektren der unbekannten Erreger aus den Patientenproben abgleichen.
Eine einzelne Raman-Messung findet dabei nur an jeweils einer einzelnen aus dem Urin isolierten und gewaschenen Zelle statt. Aus zehn verschiedenen Urinproben nahmen die Forscher in einem Blindversuch jeweils ca. 50 Zellen unter die Lupe. In einer Art Rasterfahndung konnten sie dann die Krankheitserreger in den Proben anhand der zuvor erstellten Datenbank identifizieren. Dies gelang innerhalb von zwei Stunden, anstatt in 24 Stunden mit der etablierten Methode.
Datenbank der üblichen Verdächtigen
Da der Urin sich von Patient zu Patient stark unterscheidet hat Kloß mit ihrem Team über die letzten Monate mehr als 3000 Spektren von den elf Haupterregern von Harnwegsinfektionen in der Datenbank hinterlegt. „Die Datenbank ist der eigentliche Kern unseres Aufbaus“, sagt Kloß. „Je mehr Spektren wir im Vorfeld von den üblichen Verdächtigen unter möglichst realen Bedingungen aufnehmen, umso sicherer können wir die Erreger dann in den Patientenproben nachweisen“.
In Zukunft soll die Raman-Spektroskopie auf diesem Wege auch Krankheitserreger in anderen Körperflüssigkeiten nachweisen. (Analytical Chemistry, 2013; doi: 10.1021/ac401806f)
(Institut für Photonische Technologien, Jena, 30.10.2013 – AKR)