Erstaunlicher Wandel: Unter extremem Druck verändert die starke Kernkraft offenbar ihre Natur, wie nun ein Experiment aufgedeckt hat. Statt nur Neutronen und Protonen zusammenzuhalten, wirkt sie dann auch zwischen gleichartigen Kernbausteinen – und erzeugt dabei eine Abstoßung zwischen Neutronen. Diese erstmals nachgewiesene Transformation der starken Kernkraft könnte unter anderem erklären, warum Neutronensterne nicht kollabieren, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten.
Die starke Kernkraft ist eine der vier Grundkräfte der Physik. Über ihre Kraftteilchen, die Gluonen, bindet sie die Quarks im Inneren der Protonen und Neutronen aneinander und hält auch die Kernbausteine im Atomkern zusammen. Experimente belegen zudem, dass die starke Kernkraft auch auf Antimaterie wirkt und dass sie bei Nukleonen im Inneren von Atomkernen möglicherweise eine etwas andere Unterstruktur von Quarks und Gluonen erzeugt als bei freien Neutronen oder Protonen.
Doch eine Frage blieb bislang noch offen: Wie wirkt die starke Kernkraft unter Extrembedingungen, wie sie beispielsweise in Neutronensternen herrschen? In diesen extrem dichten Sternenresten sind die Kernbausteine so stark komprimiert, dass der normale Abstand zwischen ihnen unterschritten wird und sie sich sogar teilweise überlappen. „Dies ist der erste Blick darauf, was mit der starken Kernkraft bei sehr kurzen Distanzen passiert“, erklärt Or Hen vom Massachusetts Institute of Technology (MIT).
Atomkerne unter Beschuss
Das Problem: Atomkerne so stark zu komprimieren wie in Neutronensternen ist experimentell schwierig. „Um diese Experimente durchzuführen, benötigt man Teilchenbeschleuniger mit unglaublich dichten Teilchenströmen“, erklärt Hen. Genau dies lieferte der Elektronenbeschleuniger CLAS am Jefferson National Laboratory in den USA. Dort wurden Elektronen in hoher Dichte auf Ziele aus verschiedenen Kohlenstoff-, Aluminium- und Eisen-Isotopen geschossen.