Umwelt

Stickoxid-Rechner verrät Reduktionsbedarf

Online-Tool zeigt Zusammenhang lokaler NO2-Werte mit Verkehrs-Emissionen

Stickoxid-Rechner
Ein neuer Online-Rechner zeigt lokale Stickoxidwerte und die nötigen Reduktionen der Verkehrs-Emissionen an © Forschungszentrum Jülich

Mehr Durchblick im Werte-Dschungel: Mit einem Online-Tool kann man nun selbst nachschauen, wie hoch die Stickoxid-Emissionen an seinem Wohnort liegen – für jede Messstelle. Der Clou dabei: Der Stickoxid-Rechner verrät auch, wie stark die Verkehrs-Emissionen an diesem Standort gesenkt werden müssten, um den Grenzwert einzuhalten. Weil Fahrzeuge verschiedene Stickoxide ausstoßen, ist dies weniger trivial als man denkt.

Die Fakten scheinen klar: In vielen deutschen Städten sind die Stickoxidwerte der Luft zu hoch. Auch wenn einige Mediziner jüngst bestritten haben, dass Stickstoffdioxid (NO2) gesundheitsschädlich ist, sagt die Mehrheit der Studien etwas anderes. So belegen Inhalationsexperimente, dass NO2 Entzündungsprozesse und Reizungen in der Lunge verursacht, sowie das Risiko von Asthmaanfällen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen vergrößert.

Doch wie hoch ist die Belastung in meiner Wohngegend? Und wie viel Stickoxid-Emissionen müssten hier vermieden werden?

Online-Rechner zeigt Belastung an jeder Messstelle

Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich haben nun einen Stickoxid-Rechner vorgestellt, mit dem man die Stickoxid-Belastung an jeder deutschen Messstelle im zeitlichen Verlauf ganz einfach selbst herausfinden kann. Im Online-Tool wählt man dafür Stadt und Messtelle aus und bekommt dann ein Diagramm, dass die Konzentration von Stickstoffdioxid (NO2) der letzten Jahresmittel und die Überschreitungen des Grenzwerts anzeigt.

„Mit dem Tool kann man ganz einfach ablesen, wie sich die Jahresmittelwerte im zeitlichen Verlauf geändert haben und ob bisherige Reduktionsmaßnahmen erfolgreich waren“, erklärt Martin Schultz vom Jülich Supercomputing Centre. Datengrundlage sind die offiziellen Messwerte des Umweltbundesamts.

Stickstoffmonoxid ist nicht gleich Stickstoffdioxid

Das Besondere jedoch: Der Rechner ermittelt zudem, um wie viel die Stickoxid-Emissionen des Verkehrs vor Ort zurückgehen müssten, damit der gesetzliche Grenzwert eingehalten wird. „In der öffentlichen Diskussion werden praktisch nur die gemessenen NO2-Werte genannt. Dadurch entstehen ganz falsche Vorstellungen davon, wie stark man die Emissionen im Verkehr eigentlich senken müsste“, sagt Franz Rohrer vom Forschungszentrum Jülich.

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Aus NO und NO2-Werten errechnet das Tool die beim Verkehr mnötigen Emissionssenkungen. © Forschungszentrum Jülich

Das Problem: Der Zusammenhang von Stickoxid-Emissionen und Messwerten ist nicht trivial. Um wie viel die Stickoxid-Emissionen zurückgehen müssen, lässt sich nicht direkt aus der Überschreitung des NO2-Grenzwerts ableiten. Denn Abgase enthalten unterschiedliche Arten von Stickoxiden (NOx). Nur ein kleiner Teil, etwa 15 Prozent, sind gesundheitsschädliches Stickstoffdioxid (NO2), auf das sich der gesetzliche Grenzwert bezieht. Der überwiegende Teil der Stickoxide (NOx) wird dagegen in Form von Stickstoffmonoxid (NO) ausgestoßen, für das kein vergleichbarer Grenzwert existiert.

Je mehr Stickoxide, desto langsamer sinkt das NO2

Trotzdem trägt auch Stickstoffmonoxid (NO) teilweise zur Erhöhung der NO2-Werte bei. Denn Teile des NO werden nachträglich in einer Reaktion mit Ozon in Stickstoffdioxid (NO2) überführt. Die Umwandlung von NO zu NO2 findet jedoch nicht vollständig und nicht immer zu gleichen Teilen statt. Je mehr Stickstoffmonoxid (NO) in der Luft ist, desto geringer ist der Anteil, der prozentual in Stickstoffdioxid (NO2) umgewandelt wird.

Das aber bedeutet: Wenn man eine hohe NO2-Konzentration in der Luft senken will, erfordert das unverhältnismäßig größere Einschnitte bei den verkehrsbedingten Emissionen. Denn man senkt dann zunächst in erster Linie den NO-Gehalt in der Luft, die NO2-Werte gehen langsamer zurück als bei niedrigen Werten. Die Emissionen müssen also prozentual um einen deutlich größeren Anteil gesenkt werden, als es allein aufgrund der Grenzwertüberschreitung scheint.

„Wenn 50 statt wie erlaubt 40 Milligramm pro Kubikmeter gemessen werden, dann bedeutet das nicht, dass die Emissionen um 20 Prozent zurückgehen müssen. Tatsächlich sind es eher 40 Prozent“, erklärt Rohrer. Welcher Reduktionsbedarf an welchem Standort besteht, kann nun jeder selbst im Online-Rechner nachschauen.

Zum Stickoxid-Rechner der Jülicher Forscher

Quelle: Forschungszentrum Jülich

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