Schneller, kleiner und energiesparender sollen die Rechner der Zukunft sein. Dazu müssen die Daten schneller geschrieben und verarbeitet werden. Diesem Ziel sind jetzt deutsche Forscher ein großes Stück näher gekommen. Die Physiker setzten in einem Material ein Gitter aus magnetischen Wirbeln mit einem elektrischen Strom in Bewegung, der fast eine Million Mal schwächer war als in früheren Studien.
Beobachtet haben die Forscher der Technischen Universität München (TUM) und der Universität zu Köln die Koppelung zwischen elektrischem Strom und magnetischer Struktur, über die sie jetzt in der Fachzeitschrift „Science“ berichten, mit Messungen an der Forschungs-Neutronenquelle FRM II der TUM.
Hohe Stromstärken mit Nebeneffekten
Während Peter Grünberg und Albert Fert den Nobelpreis 2007 noch für Arbeiten erhielten, die zu einem bedeutend schnelleren Auslesen von Daten führten, konzentriert sich die Forschung seit einigen Jahren auf die Frage, wie man magnetische Informationen durch elektrische Ströme direkt in Materialien schreiben kann.
Problematisch waren bei solchen Arbeiten jedoch bislang die erforderlichen extrem hohen Stromstärken, deren Nebeneffekte selbst in Nanostrukturen kaum zu bändigen waren.
Ein Gitter aus magnetischen Wirbeln
Vor etwas mehr als einem Jahr entdeckten Professor Christian Pfleiderer und sein Team vom Physik-Department der TUM in einem Kristall aus Mangansilizium eine völlig neuartige magnetische Struktur, ein Gitter aus magnetischen Wirbeln. Angeregt wurden die Experimente in Garching durch theoretische Vorhersagen von Professor Achim Rosch an der Universität zu Köln und Professor Rembert Duine an der Universität Utrecht.
Sie erwarteten sich neue Ergebnisse im Bereich der so genannten Spintronics, Nanoelektronik-Bausteine, die nicht nur die elektrische Ladung von Elektronen sondern auch ihr magnetisches Moment, den Spin, zur Informationsverarbeitung nutzen.
Gitter dreht sich unter Strom
Als die Wissenschaftler um Pfleiderer einen elektrischen Strom durch das Material Mangansilizium schickten, beobachteten sie mit Hilfe von Neutronen am FRM II eine Drehung des Gitters aus magnetischen Wirbeln, die aber zunächst unerklärt blieb. Interessanter als die Drehung war das neu entdeckte magnetische Gitter.
In der Folge versuchten Pfleiderer und sein Team mit weiteren Messungen am Instrument MIRA der Neutronenquelle aufzuklären, warum sich das Gitter unter Strom dreht. Die Berechnungen der Theoretiker widersprachen anfangs den Ergebnissen der Experimente in Garching.
„Die magnetische Struktur dreht sich, weil die Richtung des elektrischen Stroms äußerst effizient quantenmechanisch abgelenkt wird“, erklärt Pfleiderer. Wenn ein Elektron durch den magnetischen Wirbel fliegt, orientiert sich der Elektronenspin an dem Wirbel. So erzeugt der elektrische Strom eine Kraft auf die magnetischen Wirbel, die diese schließlich zum Fließen bringt.
Kleinste elektrische Ströme ermöglichen Verschiebungen
Nach weiteren Messungen stellte das Team um Pfleiderer und Rosch schließlich fest, dass die neu entdeckten Gitter aus magnetischen Wirbeln Eigenschaften besitzen, die in der Nanotechnologie schon länger von Interesse sind und unter anderem zu neuen Datenspeichern führen könnten.
Insbesondere sind die magnetischen Wirbel sehr stabil und zugleich extrem schwach im Material verankert, so dass schon kleinste elektrische Ströme Verschiebungen ermöglichen. Auf diese Weise könnten Daten in Zukunft erheblich schneller und effizienter geschrieben und verarbeitet werden, so das Fazit der Forscher.
(Technische Universität München, 20.12.2010 – DLO)