Physik

Supraleitung und Magnetismus gehen doch zusammen

Experiment macht einstige Rivalen zu Partnern

Die Quantenwelt produziert Zustände, die in der klassischen Physiklehre nicht vorgesehen sind. So ermöglicht sie offenbar sogar eine Koexistenz von Magnetismus und Supraleitung – etwas was bisher als unmöglich galt. Denn beide Phänome konkurrieren normalerweise miteinander und verdrängen sich in einem Material gegenseitig.

Wechselwirkung zwischen Magnetismus und Supraleitung

In elektrischen Leitern wird Strom von Elektronen transportiert. Dabei kommt es zu einem Verlust von Energie, sobald die Elektronen mit den positiven Kristallionen des Leiters zusammenstoßen und dadurch von ihrer optimalen Bahn abgelenkt werden. Der verlustfreie Transport von Strom in Supraleitern beruht darauf, dass sich die Elektronen bei tiefen Temperaturen zu sogenannten „Cooper-Paaren“ zusammenschließen.

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Diese Elektronenpaare haben andere Eigenschaften als einzelne Elektronen und verhalten sich auch anders; sie gehen in einen neuen Quantenzustand über. Dieser Zustand erlaubt den Cooper-Paaren, sich gegenseitig „abzusprechen“ um Zusammenstöße zu vermeiden. Dadurch ist ein verlustfreier Stromtransport möglich. Gleichzeitig aber zeigen die „Kompassnadeln“, das magnetische Moment, der beiden Elektronen in einem Cooper-Paar generell immer in die exakt gegenüberliegende Richtung und heben ihren Magnetismus dadurch auf.

Zwei Rivalen im gleichen Revier

Wird in diesem supraleitenden Zustand ein Magnetfeld angelegt, geraten die magnetischen Momente des Elektronenpaars in Bedrängnis. Dies geschieht einerseits dadurch, dass das Magnetfeld Ströme induziert, die die Cooper-Paare aufbrechen und andererseits auch weil das Magnetfeld seine magnetische Ordnung auf die magnetischen Momente des Cooper-Paares überträgt. Gelingt dies dem Magnetfeld, löst sich das Cooper-Paar auf und der elektrische Leiter verliert seinen supraleitenden Zustand. Auf diese Art rivalisieren magnetische Ordnung und Supraleitung in vielen Materialien um die Vorherrschaft.

Laut Kenzelmann, Wissenschaftler am PSI und Professor an der ETH Zürich, schließen magnetische Ordnung und Supraleitung sich zwar nicht immer gegenseitig aus, dulden sich aber höchstens. „Supraleitung und magnetische Ordnung verhalten sich in allen bisher bekannten Materialen wie zwei Rivalen, die um dasselbe Revier kämpfen und den jeweils anderen auszuschalten suchen.“

Experiment im Neutronenstrahl

Dass es auch anders geht, demonstrierte jetzt ein internationales Wissenschaftlerteam um den Physiker Michel Kenzelmann vom Paul Scherrer Institut mittels Experimente an der Schweizer Spallations-Neutronenquelle (SINQ) des Instituts. Mit dem Neutronenstrahl der SINQ ist es möglich auf mikroskopischer Ebene die inneren Eigenschaften von Materialien zu untersuchen, ohne sie dabei zu zerstören. Mit dieser Methode lassen sich Vorgänge beobachten, die sonst mit keiner anderen Technik

zu sehen sind.

In ihrem Experiment kühlten die Forscher einen Einkristall bestehend aus den Elementen Zer, Kobalt und Indium (CeCoIn5) auf auf minus 273,1 Grad Celsius ab. Bei derartig tiefen Temperaturen hören alle atomaren Bewegungen des Kristalls auf und die durchfließenden Elektronen können sich zu sich zu

Cooper-Paaren zusammenschliessen. Dadurch wird der supraleitende, elektrisch widerstandsfreie Zustand erreicht, der es ermöglicht, den Strom verlustfrei zu transportieren. Anschließend wurde das Material magnetischen Feldern ausgesetzt.

Neuartiger Zustand ermöglicht Koexistenz

Dabei haben die Forscher festgestellt, dass bei hohen magnetischen Feldern ein neuartiger supraleitender Zustand auftritt, der von magnetischer Ordnung begleitet und nicht zerstört wird. Zwar hat man die Koexistenz von magnetischer Ordnung und Supraleitung schon in anderen Fällen beobachtet. Der neue Aspekt in dieser Zer-Verbindung ist jedoch die Tatsache, dass die magnetische Ordnung nur während der supraleitenden Phase auftritt und zusammen mit dieser bei noch höheren magnetischen Feldern im Wesentlichen wieder spurlos verschwindet.

Diese Beobachtung legt nahe, dass hier überraschenderweise der Magnetismus von der Supraleitung begünstigt und stabilisiert wird. „Unsere Ergebnisse zeigen ganz eindeutig, dass die Supraleitung für das Entstehen dieses Magnetismus entscheidend ist. Die Studie wird helfen genauer zu verstehen, wie sich die Elektronenpaare in magnetischen Supraleitern überhaupt bilden. Wir hoffen, dass dieses Wissen dann zukünftig für technologische Anwendungen genutzt werden kann“, erklärt Kenzelmann.

(Paul Scherrer Institut (PSI), 12.09.2008 – NPO)

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