Papierdünn, biegsam und klangvoll: Forscher haben Lautsprecher aus Papier entwickelt, die sich wie eine Zeitung im Rollendruck fertigen lassen. Das eröffnet neue Möglichkeiten, biegsame und vielseitig einsetzbare Lautsprecher herzustellen – beispielsweise für eine neuartige Surround-Beschallung oder als meterlange Lautsprecherbahn in Museen und Ausstellungen. Die gedruckte Elektronik könnte aber auch für Sensorsysteme oder Industrieanwendungen genutzt werden.
Der Trend geht zu immer dünnerer, flexibler Elektronik – das gilt für biegsame Displays, in Kleidung integrierte Solarzellen oder auf der Haut getragene Sensoren, aber auch für Lautsprecher. Ein Beispiel für letzteres hat schon vor einigen Jahren eine Forschergruppe der Technischen Universität Chemnitz entwickelt: Sie schufen ultradünne, auf Papier aufgedruckte Elektronik, die scheinbar normale Buchseiten zu tönenden Lautsprechern machen kann.
Elektronik bringt Buchseiten zum Sprechen
Für die Papierlautsprecher werden ganz normales Papier oder Folien mit zwei Schichten eines leitfähigen organischen Polymers als Elektroden bedruckt. Dazwischen kommt eine piezoelektrische Schicht als aktives Element, die das Papier oder die Folie in Schwingungen versetzt. Laut und deutlich wird durch die Luftverdrängung der Sound erzeugt. Die beiden Seiten des Lautsprecherpapiers lassen sich farbig bedrucken.
„Das T-Book war und ist ein Meilenstein in der Entwicklung gedruckter Elektronik, doch die Entwicklung geht kontinuierlich weiter“, sagt Arved Hübler, unter dessen Leitung die neuartigen Papierlautsprecher entwickelt wurden. Denn die Lautsprecherseiten für das T-Book mussten noch in halbautomatischer Einzelbogenfertigung hergestellt werden, weshalb die Produktion langsam und relativ ineffizient war.
Für den großtechnischen Rollendruck angepasst
Jetzt hat das Team um Hübler und Erstautor Georg Schmidt die Papierlautsprecher auf die nächste Ebene gebracht: Sie haben eine Weg gefunden, wie sich diese Technik auch in kostengünstiger Massenproduktion mittels Rollendruck herstellen lässt. Dabei werden sowohl die Elektroden als auch die piezoelektrische Schicht quasi als Endlosband auf das Trägerpapier gedruckt und zum Schutz mit einer Laminierung überzogen.
„So kann Elektronik in das Papier eingebettet werden – unsichtbar und geschützt“, sagt Hübler. In ersten Tests haben die Forscher so bereits 500 Meter lange Bahnen ihrer Lautsprecher gedruckt. Als praktische Anwendung fertigte das Team so unter anderem einen ringförmigen Surround-Lautsprecher: „Bei unserem T-RING-Prototyp wurden eine knapp vier Meter lange Bahn mit 56 Einzellautsprechern zu sieben Segmenten verbunden und zum Kreis geformt“, sagt Schmidt.
Diese Lautsprecherbahn inklusive gedruckter Verschaltung wiegt nur 150 Gramm und besteht zu 90 Prozent aus konventionellem Papier, das beidseitig farbig bedruckt werden kann.
Vielfältige Anwendungen
Die günstige Fertigungsmethode und die Möglichkeit, meterlange, biegsame Lautsprecherbahnen herzustellen, bietet nach Ansicht der Forscher zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten: „So sind nun günstige Infotainment-Lösungen etwa in Museen, auf Messen und in der Werbebranche möglich“, sagt Schmidt.
„In öffentlichen Gebäuden ist beispielsweise eine sehr homogene Beschallung langer Strecken wie Korridore möglich. Aber auch die Prozesstechnik selbst könnte für andere Bereiche interessant werden, zum Beispiel zur Fertigung von Inline-Messsystemen für Industrie 4.0“, so der Wissenschaftler. (Advanced Materials, 2021; doi: 10.1002/adma.202006437)
Quelle: Technische Universität Chemnitz