Technik

Terahertzstrahlung manipuliert Halbleiter

Neue Technologie ermöglicht Beobachtung und Manipulation von Exzitonen

Leuchtdioden © SXC

Terahertz-Strahlung liegt im elektromagnetischen Spektrum zwischen der Infrarot- und Mikrowellen-Strahlung, sie ist mit bloßem Auge nicht wahrnehmbar. Doch für die Wissenschaft erweist sich diese Strahlung immer mehr als wertvolles Beobachtungsinstrument. Jetzt haben Wissenschaftler eine Technik entwickelt, mit der Terahertzstrahlung auch in der Halbleitertechnologie wertvolle Dienste leisten kann.

Anwendung in der Halbleiter-Technologie

Bereits vor einigen Jahren hatten Professor Stephan W. Koch und sein Team an der Universität Marburg vorgeschlagen, die Terahertz-Spektroskopie zur Untersuchung so genannter Exzitonen in Halbleitern einzusetzen, um zum Beispiel zu untersuchen, wie Lichterzeugung in Halbleiterdioden genau funktioniert. Ihre theoretischen Untersuchungen zeigten, was inzwischen von Experimenten bestätigt wurde, dass es Terahertz-Strahlung erlaubt, diese Exzitonen gewissermaßen „direkt“ zu beobachten, was mit herkömmlichen Methoden nicht möglich war.

In einem Artikel, der jetzt in der renommierten Fachzeitschrift Physical Review Letters veröffentlicht wurde, gehen die Marburger Physiker jetzt einen Schritt weiter. Dort zeigen sie, dass sich Terahertz-Strahlung nicht nur zur Beobachtung von Exzitonen, sondern auch zu deren Manipulation einsetzen lässt. Zu dieser Erkenntnis kommen sie durch den Vergleich theoretischer Ergebnisse mit einem Experiment, das von Professor Yun- Shik Lee von der amerikanischen University of Oregon in Corvallis durchgeführt wurde.

Ladungswechselwirkungen im Halbleiter

Mit Exzitonen in Halbleitern bezeichnet man die Kombination von einem negativ geladenen Elektron und einem positiv geladenen „Loch“, die aufgrund der anziehenden Wechselwirkung zwischen unterschiedlichen Ladungen ein gebundenes Paar bilden. Ein solches Exziton verhält sich im Prinzip wie ein Wasserstoffatom, bei dem ein negativ geladenes Elektron von einem positiv geladenen Kern angezogen wird.

Wie beim Wasserstoffatom – man denke an das Schalenmodell aus dem Chemie-Unterricht – darf die Energie des Exzitons unterschiedliche, aber nur ganz bestimmte Werte annehmen. Befindet sich das Elektron sozusagen auf der ersten Schale (also nahe am Loch), so hat es eine niedrige Energie; auf der zweiten entsprechend eine höhere usw. Die Energie, die nötig ist, um einen Elektron in eine höhere Schale anzuheben (man spricht von einem „Übergang“), liegt gerade im Terahertz-Bereich.

Abstimmung ermöglicht Manipulation von Exzitonen

Die Tatsache, dass Terahertz-Strahlung auf diese Exzitonen-Übergänge „abgestimmt“ ist, lässt sich ausnutzen, um Exzitonen mit schwachen Terahertz Lichtpulsen nachzuweisen und deren Verhalten zu beobachten. In dem untersuchten Experiment wurden nun aber starke, extrem kurze Terahertz Lichtpulse eingesetzt, deren hohe Intensität ausreicht, solche Übergänge zwischen verschiedenen Energieniveaus gezielt zu verursachen, d.h. die Schalenkonfiguration zu verändern.

Diese Vorgänge äußern sich im Experiment indirekt in einer messbaren Veränderung der optischen Eigenschaften des Halbleitermaterials. Durch die theoretische Modellierung des Experimentes ist es den Marburger Physikern gelungen, die Ergebnisse der Messung genau zu reproduzieren und unter anderem solchen Exzitonen-Übergängen zuzuordnen. Besonders am Experiment ist auch, dass die Messungen „zeitaufgelöst“ erfolgen, d.h. die Prozesse können auf extrem kurzer Zeitskala und daher sehr detailliert verfolgt werden.

Strahlung durchschaut auch Plastik

Erst in den letzten Jahren gab es eine rasante Entwicklung der Terahertz-Technologie und ihrer Anwendungen. Eine davon ist die so genannte Terahertz-Spektroskopie: Dies ist eine Analysemethode, bei der man ausnutzt, dass viele Materialien mit elektromagnetischer Strahlung besonders effektiv im Terahertz-Bereich wechselwirken.

Mit Hilfe dieser Methode kann zum Beispiel die Zusammensetzung organischer Stoffe und biologischer Systeme effizienter als bisher analysiert werden oder in der Medizin die Schwere von Verbrennungen diagnostiziert werden. Da Terahertz- Strahlung Plastik und Textil problemlos durchdringt, sind auch Anwendungen im Bereich der Sicherheitstechnik möglich, bei denen beispielsweise Menschen in Flughäfen – ohne Risiko – nach verborgenen Sprengsätzen oder Waffen durchsucht werden.

Exzitonen als Qubits?

Doch bisherige Anwendungen der Terahertz-Technologie, wie die oben genannte Terahertz-Spektroskopie, verwenden Strahlung geringer Intensität, die ausreicht um bestimmte Materialien zu „scannen“, aber nicht um deren Eigenschaften zu verändern. Es sind aber auch verschiedene Anwendungen für die Verwendung starker Terahertz Strahlung denkbar zum Beispiel in der Informationstechnologie:

Gelänge es, die Übergänge in einem System mit zwei Energieniveaus mit Terahertz-Licht gezielt und sicher zu steuern, so könnten solche Exzitonen-Übergänge als so genannte Qubits theoretisch in einem Quantencomputer verwendet werden. Gerade im Hinblick auf solche Anwendungsmöglichkeiten ist ein besseres Verständnis der grundlegenden Wechselwirkungsprozesse wünschenswert.

(Universität Marburg, 10.12.2007 – NPO)

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