Geowissen

Tiefsee-Schlamm entpuppt sich als reiche Rohstoffquelle

Forscher finden hohe Konzentrationen von Seltenen Erden im pazifischen Meeresboden

Seltene Erden-Oxide: Praseodym, Cer, Lanthan, Neodym, Samarium und Gadolinium (Im Uhrzeigersinn, oben in der Mitte beginnend.) © Peggy Greb / ARS / USDA

In nur einem Quadratkilometer Meeresboden des Pazifischen Ozeans verbergen sich genügend Seltene Erden, um ein Fünftel des jährlichen globalen Bedarfs zu decken. Das zeigen jetzt Analysen von mehr als 2.000 Sedimentproben. Wie das japanische Forscherteam jetzt in „Nature Geoscience“ berichtet, sind die Konzentrationen dieser Metalle im Tiefseeschlamm teilswies doppelt so hoch wie in den reichhaltigsten Lagerstätten an Land. Damit könnte sich der Meeresboden als vielversprechende neue Ressource für die begehrten und knappen Technologie-Rohstoffe erweisen.

Zu den Seltenen Erden gehören 17 verschiedene Elemente, darunter Neodym, Lanthan oder Gadolinium. Da diese Metalle für nahezu alle modernen Technologien benötigt werden, ist die Nachfrage nach diesen Rohstoffen in den letzten Jahrzehnten rasant gestiegen. So stecken Neodymverbindungen beispielsweise in Computer-Festplatten, UV-Schutzglas, Lasern oder den starken Magneten der medizinischen Kernspintomografen. Monopol auf diese Rohstoffe hat zurzeit China: 97 Prozent der Seltenerdmetalle stammen aus den reichhaltigen chinesischen Lagerstätten. Zwar gibt es auch Vorkommen in anderen Ländern, der Abbau dort wurde jedoch größtenteils als nicht lukrativ genug aufgegeben.

Konzentration doppelt so hoch wie in Chinas Lagerstätten

Die Entdeckung der japanischen Forscher um Yasuhiro Kato von der Universität von Tokio könnte nun möglicherweise neue Perspektiven für die Gewinnung dieser Technologie-Rohstoffe liefern. Für ihre Studie hatten die Wissenschaftler 2.000 bis zu 50 Meter lange Sedimentbohrkerne untersucht, die im Rahmen der Rahmen des internationalen Deep Ocean Drilling Program (ODP) und bei Bohrungen des Meeresforschungsinstitut der Universität Tokio gewonnen worden waren.

Dabei zeigte sich, dass der Schlamm der oberen Sedimentschichten vor allem im östlichen Pazifik reiche Vorkommen von Seltenen Erden enthält. Dort übertraf die Konzentration der Rohstoffe die der weltweit reichhaltigsten Erzlagerstätten in China um das Doppelte. „Wenn wir berücksichtigen, dass der mit Seltenerdmetallen angereicherte Schlamm in diesen Regionen dicht verteilt ist, könnten die Ressourcen am Meeresboden die derzeitigen terrestrischen Rohstoffreserven von 110 Millionen Tonnen Seltenerdoxide potenziell noch übertreffen“, erklären die Forscher in ihrem Artikel. Auch andere Rohstoffe wie Kupfer, Molybdän oder Kobalt waren um bis zu zwei Größenordnungen häufiger vertreten.

Theoretisch leicht abbaubar

An den Fundstellen im Ostpazifik liegt der bis zu zehn Meter dicke, angereicherte Schlamm direkt auf oder nur knapp unter der Oberfläche des Meeresbodens. Eine Gewinnung der Seltenen Erde aus dem Sediment wäre daher leicht möglich durch Auswaschung mit verdünnter Säure. Allein dort könnten sich nach Einschätzung der Forscher potenziell gut 9.000 Tonnen Erze der Seltenerdmetalle fördern lassen, das entspricht einem 15stel des globalen Jahresverbrauchs im Jahr 2010.

Hydrothermale Schlote als Auslöser für Anreicherung

Die Lage der Probenorte mit den höchsten Rohstoffdichten gibt zudem einen Hinweis auf den möglichen Bildungsmechanismus der angereicheten Schlämme: Sie fanden sich meist in einer Entfernung von rund 2.000 Kilometern von den mittelozeanischen Rücken und anderen vulkanischen aktiven Regionen. Dort stoßen hydrothermale Schlote heißes, mineralienhaltiges Wasser aus. Eine Eisenverbindung aus diesen „Geysieren der Tiefsee“ könnte nach Ansicht der Wissenschaftler mit Seltenerdmetallen aus dem Meerwasser reagieren. Mit den Meeresströmungen werden diese Verbindungen dann auch in weiter entfernt liegende Meeresgebiete transportiert und lagern sich dort ab.

Ob die Rohstoffdichte auch an anderen, bisher nicht untersuchten Standorten ähnlich hoch ist und wie stark die Konzentrationen schwanken, muss allerdings noch untersucht werden. Erst wenn diese Untersuchungen abgeschlossen sind, lässt sich mit letzter Sicherheit sagen, ob die neue Ressource für die wertvollen Technologie-Rohstoffe zukünftig tatsächlich abgebaut werden kann. (Nature Geoscience, 2011; DOI: 10.1038/ngeo1185)

(Nature Geoscience, 04.07.2011 – NPO)

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