Papier wird zum Hightech-Werkstoff: Deutsche Forscher haben eine Methode entwickelt, mit der sich sich auf einfache Weise elektrisch leitende Strukturen aus Papier erzeugen lassen. Ein per Tintenstrahler aufgedruckter Katalysator wandelt sich dabei durch Erhitzen in leitfähiges Graphit um. Auf diese Weise könnten zukünftig flexible, ultradünne und einfach herstellbare Elektronikbauteile produziert werden, beispielsweise für intelligente Verpackungen oder Textilien.
Mit kostengünstigen und biegsamen Mikrochips erschließen sich der Elektronik Anwendungen, für die Silicium-Chips zu sperrig und teuer sind und für die die inzwischen weit verbreiteten RFID-Chips nicht genug leisten: Kleidung etwa, die Körperfunktionen kontrolliert, flexible Bildschirme oder Etiketten, die über ein Produkt mehr verraten als sich auf die Verpackung drucken lässt. Zwar entwickeln weltweit zahlreiche Forscher erfolgreich flexible Chips, sie setzen dabei aber fast immer auf Kunststoffe als Träger und nutzen teilweise auch Polymere und andere organische Moleküle als leitfähige Komponenten.
Diese Materialien erfüllen viele Bedingungen, die an sie gestellt werden, sie sind aber durchweg hitzeempfindlich. „Ihre Verarbeitung lässt sich nicht in die übliche Produktion von Elektronik integrieren, weil dabei Temperaturen über 400 Grad Celsius auftreten“, erklärt Cristina Giordano, vom Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam. Sie und ihre Kollegen haben daher nun eine Alternative präsentiert. Sie haben eine Kohlenstoff-Elektronik entwickelt, die selbst Temperaturen um die 800 Grad Celsius aushält und die gängigen Prozesse nicht durcheinander bringen.
Regelmäßige Kohlenstoffblätter statt Cellulose
Für ihre aufdruckbare Elektronik verwenden die Potsdamer Forscher eine Katalysatorlösung aus Eisennitrat. „Mit einem handelsüblichen Tintenstrahldrucker tragen wir eine Lösung des Katalysators in einem fast beliebig feinen Muster auf ein Blatt“, sagt Stefan Glatzel, der die Elektronik in seiner Doktorarbeit aufs Papier gebracht hat. Wenn die Forscher die mit Katalysator bedruckten Bögen in einer Stickstoff-Atmosphäre nun auf 800 Grad Celsius erhitzen, setzt die Cellulose solange Wasser frei, bis nur noch reiner Kohlenstoff übrig bleibt. Während in den bedruckten Bereichen jedoch eine elektrisch leitende Mischung aus den regelmäßig strukturierten Kohlenstoffblättern des Graphits und Eisencarbids entsteht, lässt die Hitze die restlichen Gebiete als Kohlenstoff ohne regelmäßige Struktur zurück, der nicht leitfähig ist.
Dass auf diese Weise tatsächliche präzise geformte Leiterbahnen entstehen, bewiesen die Forscher in einem einfachen Experiment: Sie druckten den Katalysator zunächst im Muster der Minerva, des filigranen Symbols der Max-Planck-Gesellschaft, auf eine Blatt Papier und verwandelten das Muster in Graphit. Anschließend verwendeten sie die Graphit-Minerva als Kathode, die sie elektrolytisch mit Kupfer überzogen. Nur auf den Linien, die der Drucker vorgezeichnet hatte, schied sich dabei das Metall ab.
Dreidimensionale leitfähige Strukturen
Mit einem weiteren Versuch demonstrierte das Potsdamer Team, wie sich mit ihrer Methode dreidimensionale, leitfähige Strukturen erzeugen lassen. Dafür falteten sie einen Papierbogen zu einem Origami-Kranich, den sie mit dem Katalysator tränkten und zu Graphit buken. „Die dreidimensionale Form blieb dabei vollkommen erhalten, bestand nach dem Prozess aber durch und durch aus leitfähigem Kohlenstoff“, sagt Glatzel.
In weiteren Versuchen wollen die Forscher nun das Potenzial der Papier-Elektronik weiter ausloten. Indem sie die Papierstärke reduzieren, und den Prozess geschickt steuern, könnten sie beispielsweise auch Leiterbahnen aus Graphen erzeugen. Bei Graphen handelt es sich um ein einzelnes der Kohlenstoffblätter, die sich im Graphit übereinander stapeln. „Außerdem werden wir Graphit mit anderen Materialien kombinieren“, erklärt Giordano. Der Tintenstrahldrucker macht es möglich. Denn aus seinen Kartuschen lassen sich außer der Eisennitrat-Lösung auch Lösungen anderer Metallsalze oder Dispersionen, die im Wasser feinverteilte Metallpartikel enthalten, zu Papier bringen. (Angewandte Chemie, 2013; doi: 10.1002/anie.201207693)
(Max-Planck-Gesellschaft, 22.02.2013 – NPO)