Physik

Top Ten der Physik 2015 gekürt

Quanten-Teleportation zweier Merkmale gleichzeitig ist der Durchbruch des Jahres

Die Physik Top Ten des Jahres 2015 reichen von den kleinsten Teilchen bis in den Kosmo © O'Luc/ iStock.com

Pentaquarks, ein Rekord-Supraleiter und strahlende Exoplaneten: Die Physik Top Ten des Jahres 2015 reichen von den kleinsten Teilchen bis in den Kosmos. Als absolutes Highlight des Jahres kürte das Magazin „Physics World“ aber die „doppelte“ Quanten-Teleportation: Physikern ist es erstmals gelungen, zwei Quanten-Eigenschaften gleichzeitig von einem Photon auf ein anderes zu übertragen. Für künftige Quanten-Computer und Kommunikations-Technologien ist dies von großer Bedeutung.

In jedem Jahr küren die Herausgeber des Magazin „Physics World“ die Top 10 der physikalischen Errungenschaften des Jahres und den Durchbruch des Jahres. Kriterien für die Auswahl: Die Arbeit muss bedeutend sein, das Wissen signifikant voranbringen, eine starke Verbindung zwischen Theorie und Expierment zeigen und von allgemeinem Interesse für alle Physiker sein, heißt es. 2014 wurde die Rosetta-Mission zum Durchbruch des Jahres gekürt.

Durchbruch 2015: „Doppelte“ Teleportation

Als herausragende Entdeckung des Jahres 2015 hat das Magazin nun die Arbeit chinesischer Qauntenphysiker ausgezeichnet. Ihnen ist es gelungen, mittels Verschränkung erstmals gleichzeitig zwei Merkmale eines Photons auf ein anderes zu übertragen. In diesem Fall handelte es sich um den Spin und den Bahndrehimpuls des Teilchens.

Möglich wird die Teleportation durch eine Eigenheit der Quantenwelt: Wenn sich verschränkte Teilchen in einem Zustand der Überlagerung befinden, nehmen sie alle möglichen Zustände gleichzeitig ein. Diese Kohärenz kollabiert jedoch, wenn eines der Teilchen gemessen wird. Beide Teilchen „entscheiden“ sich dann für einen Quantenzustand, beispielsweise einen Spin oder Bahndrehimpuls. Weil dieser Zustand wegen der Verschränkung bei beiden exakt der gleiche ist, wird so unabhängig von der Entfernung die Zustandsinformation instantan übertragen – teleportiert.

Für nur eine Eigenschaft ist diese Quanten-Teleportation schon länger möglich, sie wurde bereits auf einem Chip, in Glasfaserkabeln oder sogar zwischen Photonen und Atomen durchgeführt. Doch für zwei oder gar mehr Zustände war dies zuvor nicht möglich. „Die Quanten-Teleportation gilt als Schlüssel-Element bei der Entwicklung der Quantenkommunikation über große Entfernungen hinweg“, erklärt Studienleiter Jian-Wei Pan von der University of Science and Technology of China in Hefei.

So könnte das Pentaquark aussehen. Ob die vier Quarks und ein Anti-Quark aber wirklich gleich eng miteinander verbunden sind, ist noch unklar. © CERN / LHCb Collaboration

Exotisches Fermion und ein Pentaquark

Ebenfalls unter den zehn Physik-Highlights des Jahres ist die Entdeckung der exotischen Weyl-Fermionen: Nach 85 Jahren der Suche haben Physiker diese masselosen Teilchen im Juli 2015 erstmals in einem Kristall nachgewiesen. Diese paarweise vorkommenden Fermionen verhalten sich unter bestimmten Umständen wie masselose Elektronen und könnten daher Elektronik schneller machen.

Ebenfalls aus der Teilchenphysik kommt ein weiterer Durchbruch des Jahres: Im Juli gelang es Physikern am Teilchenbeschleuniger LHC, erstmals ein exotisches Teilchen aus fünf Quarks nachzuweisen. Dieses Pentaquark wurde schon lange vorhergesagt, doch erst jetzt konnten die Forscher dieses Gebilde aus vier Quarks und einem Antiquark dingfest machen.

Strahlung vom Exoplaneten und vom Elektron

Im April 2015 gelang Astronomen einen wichtiger Meilenstein: Zum ersten Mal fingen sie das Licht eines Exoplaneten direkt ein. Das La Silla-Observatorium in Chile detektierte das Lichtspektrum, das der etwa 50 Lichtjahre entfernte Planet 51 Pegasi b von seinem sonnenähnlichen Stern bekommt und ins All zurückwirft. Bislang waren Astronomen darauf angewiesen, dass ein Planet an seinem Mutterstern vorbeizieht, um ein solches Spektrum aufzuzeichnen.

Licht von kleinsten Teilchen haben dagegen Physiker aus Karlsruhe und den USA im April 2015 eingefangen. Ihnen gelang es erstmals, die Strahlung zu messen, die ein einzelnes Elektron beim Beta-Zerfall von Krypton-83 abgibt. Wichtig ist dies deshalb, weil bei diesem Zerfall auch ein Anti-Neutrino entsteht – und wenn man die Energie des Elektrons genau kennt, kann man die Masse dieses Teilchen bestimmen.

Ein Supraleiter leitet zwar Elektronen widerstandsfrei, blockt Magnetfelder aber ab - deshalb schwebt dieser Block. © KTS Images / iStock.com

Rekord-Supraleiter und Quantenlogik im Silizium

Im August 2015 ist es Physikern erstmals gelungen, ein Material schon bei minus 70 Grad widerstandsfrei zu machen – das ist neuer Rekord für einen Supraleiter. Sie erreichten dies noch dazu mit einer Allerwelts-Verbindung: dem faulig stinkenden Schwefelwasserstoff. Hoher Druck bringt diesen konventionellen Supraleiter dazu, widerstandsfrei zu werden – das könnte den Weg zu einer Supraleitung bei Raumtemperatur ebnen.

Im Oktober 2015 haben Physiker zum ersten Mal zwei stabile Quantenbits in einem konventionellen Silizium-Halbleiter erzeugt. Bisher galt dies als unmöglich, weil die dafür nötige Kohärenz – die quantentypische Überlagerung aller möglichen Zustände – im Silizium zu schnell zusammenbricht. Doch den Forschern gelang es, ein logisches CNOT-Gate aus diesen beiden Quantenpunkten zu konstruieren.

Ebenfalls im Quantenreich liegt die erste „lückenlose“ Messung des Verstoßes gegen die Bellsche Ungleichung. Diese stellt zwei Voraussetzungen auf, die gültige Annahmen in der klassischen Physik erfüllen müssen – die aber bei der Verschränkung von Quantenteilchen verletzt werden. Wie stark, haben Physiker nun durch Messungen der Spin-Korrelation zwischen zwei 1,28 Kilometer auseinander liegenden verschränkten Teilchen ermittelt.

Tragbares MRT und Fermionen-Mikroskop

Neue Messgeräte und Detektoren gab es im Jahr 2015 ebenfalls. US-Forscher haben einen Magnetresonanz-Tomogafen (MRT) erstmals so weit verkleinert und seine Magnetstärke herabgesenkt, dass er transportiert werden kann – und damit beispielsweise in Feldlazaretten oder in mobilen Krankenhäusern in der Dritten Welt eingesetzt werden kann.

Einblicke in die Welt der kleinsten Teilchen gibt dagegen ein neues Fermionen-Mikroskop: Eine Methode, mit der Forscher die Positionen von bis zu tausend einzelnen Atomen abbilden können. Möglich wird dies, weil die Atome durch Laserstrahlen in einem optischen Gitter eingefangen und extrem heruntergekühlt werden. Gleichzeitig geben sie Licht ab, das das Gerät einfängt und damit die Atompositionen bestimmt – ohne diese zu beeinflussen.

(Physics World, 14.12.2015 – NPO)

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