Auch der Nobelpreis in Chemie steht im Jahr 2006 ganz im Zeichen der Genetik: Der Chemiker Roger Kornberg von der Stanford University erhält die Auszeichnung für seine Forschungen zur molekularen Basis der Transkription bei eukaryotischen Zellen. Er entdeckte nicht nur einen entscheidenden Regulator der Transkription, den „Mediator“, sondern seine Strukturbestimmungen ermöglichten erstmals auch die Rekonstruktion – Atom für Atom – des wichtigsten Enzyms der Transkription, der RNA-Polymerase.
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Die Transkription ist einer der grundlegendsten Prozesse allen Lebens. In ihrem Rahmen wird die genetische Information, die auf der DNA in Form von Genen vorliegt, abgelesen und eine Kopie der Bauanleitung eines Proteins erstellt. Diese so genannte Messenger RNA, ein einsträngiges RNA-Stück mit den entsprechenden Basensequenz, dient als „Transportvehikel“, um die Bauanleitung aus dem Zellkern zu den im Zellplasma liegenden Ribosomen, den Fabriken der Zelle zu bringen.
Ursprung der Vielfalt
Doch die Transkription bildet nicht nur die Grundlage der Proteinproduktion, sie ist es auch, die die Vielzahl an verschiedenen Zelltypen unseres Körpers hervorbringt. Die große Variationsbreite entsteht dadurch, dass immer nur ein – jeweils unterschiedlicher Teil – der gesamten genetischen Information abgelesen wird. Damit unterscheiden sich die Proteine, die in den einzelnen Zellen produziert werden und dies beeinflusst ihre Gestalt, Funktion und Entwicklung.
Wie die Transkription bei den zellkernlosen Bakterien funktioniert, entdeckten Forscher schon in den 1960er Jahren, 1965 erhielten Jacques Monod, André Lwoff und François Jacob dafür den Nobelpreis in Physiologie / Medizin. Sie fanden heraus, dass zusätzlich zur RNA-Polymerase ein weiteres Molekül, Sigma-Faktor genannt, eine entscheidende Rolle spielt, da es der Polymerase „sagt“, wo das abzulesende Gen beginnt und wo es endet. Lange Zeit vermutete man, dass dieser Prozess auch in den Zellkern-tragenden eukaryotischen Zellen der höheren Lebewesen gleich abläuft, doch keinem gelang es, den Sigma-Faktor bei diesen Zellen zu entdecken.
Mediator als An-Aus-Schalter
Nach und nach stellte sich dann heraus, dass bei Eukaryoten gleich fünf unterschiedliche Molekülkomplexe existieren, die gemeinsam die Rolle des bakteriellen Sigma-Faktors einnehmen. Wie sie aber genau ineinander greifen und welche molekularen Akteure möglicherweise noch beteiligt sind, blieb unklar. Erst als Kornberg in mühevoller, zehnjähriger Arbeit eine Methode entwickelte, wie Hefezellen als Modell für die Eukaryotentranskription eingesetzt und die Prozesse in ihrem Inneren im Detail analysiert werden können, gewannen die Forscher ganz neue Einblicke. Dank dieses Modellsystems entdeckte Kornberg einen weiteren Molekülkomplex, der eine entscheidende Rolle als An-Aus-Schalter für die Transkription spielt. Dieser Mediator genannte Komplex reguliert letztlich, im Wechselspiel mit gewebespezifischen Substanzen und speziellen „Verstärkern“ in der DNA
Polymerase in Aktion eingefangen
Und noch einen weiteren Meilenstein lieferten Kornbergs Arbeiten: Denn er entwickelte eine Methode, mit der er erstmals einzelne Zwischenstadien im komplexen Transkriptionsprozess gleichsam „einfrieren“ und dann mittels der Kristallographie abbilden konnte. Bisher war dies nur entweder mit den Ausgangsstoffen oder aber mit dem Endprodukt möglich. Kornberg blockierte die Reaktion durch Zugabe bestimmter biochemischer Substanzen gezielt in einer bestimmten Phase und konnte so beispielsweise die RNA-Polymerase in Aktion „einfangen“. Die resultierenden Bilder sind so genau, dass sogar einzelne Atome sichtbar werden.
Mit dieser Methode und der Entwicklung eines Modells zur Untersuchung des Transkriptionsprozesses bei Eukaryoten hat Kornberg einen wichtigen Grundstein zur Erforschung der Transkription gelegt. Insbesondere auch für die Medizin haben diese Erkenntnisse weit reichende Bedeutung, da zahlreiche Krankheiten wie Krebs, Herzerkrankungen aber auch Entzündungen mit Störungen in der Transkription in Verbindung stehen.
(Nobel Foundation, 05.10.2006 – AHE)