Energie

Treibstoff aus Luft und Sonnenlicht

Demonstrationsanlage belegt praktische Machbarkeit von Sun-to-Liquid-Technologie

Solar-Raffinierie
Diese Solarschüssel liefert die Energie für die Umwandlung von CO2 und Wasser aus der Luft zu Synthesegas. © ETH Zürich / Alessandro Della Bella

Sie benötigt nur Sonnenlicht und Luft: Auf dem Dach der ETH Zürich produziert eine solare Raffinerie energiereiches Synthesegas nur aus Sonnenlicht und Luft – und demonstriert die praktische Machbarkeit dieser „Sun-to-Liquid“-Technologie. Das System scheidet CO2 und Wasser aus der Luft ab und wandelt es in einer mehrschrittigen thermochemischen Prozesskette in Wasserstoff und Kohlenmonoxid um. Aus diesem Syngas kann dann Kerosin produziert werden.

Man schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe: Würde man das CO2 aus der Luft einfangen und in Kraftstoff umwandeln, könnte man den Klimawandel bremsen und gleichzeitig fossile Brennstoffe einsparen. Erste Anlagen zur CO2-Abscheidung aus Kraftwerksabgasen, aber auch direkt aus der Umgebungsluft gibt es bereits. Nur auf dem Reißbrett existiert dagegen die Idee, Klimaanlagen so umzurüsten, dass sie CO2 aus der Luft einfangen und daraus Treibstoff produzieren.

Ein Deziliter Kerosin am Tag

Jetzt belegt eine Demonstrationsanlage auf dem Dach der ETH Zürich, dass man Treibstoff sogar nur aus Luft und Sonnenlicht herstellen kann. Die solare Mini-Raffinerie produziert Synthesegas – die Vorstufe von Kerosin und anderen flüssigen Treibstoffen – mithilfe der Sonnenhitze und zieht sich die benötigten Rohstoffe – Wasser und CO2 mittels Air-Capture direkt aus der Umgebungsluft.

„Mit dieser Anlage beweisen wir, dass die Herstellung von nachhaltigem Treibstoff aus Sonnenlicht und Luft auch unter realen Bedingungen funktioniert“, erklärt Projektleiter Aldo Steinfeld von der ETH Zürich. Es sei das erste Mal, dass die gesamte thermochemische Prozesskette unter realen Bedingungen demonstriert werde. Selbst unter den eher sonnenarmen Bedingungen von Zürich produziert die kleine Anlage schon so viel Synthesegas, dass daraus pro Tag ein Deziliter Kerosin hergestellt werden kann.

Von CO2 zu Syngas in drei Schritten

Die neue Anlage integriert drei thermochemische Umwandlungsprozesse. Der erste ist die Abscheidung von CO2 und Wasser aus der Luft durch einen chemischen Adsorption-Desorption-Prozess. Der Parabolspiegel der Anlage liefert dann die nötige Hitze und Energie für die Folgeschritte: Er konzentriert das Sonnenlicht um das 3.000-Fache und erzeugt so im Inneren des Reaktors eine Temperatur von 1.500 Grad Celsius.

Im Herzen des Reaktors befindet sich eine spezielle keramische Struktur aus Ceriumoxid. Dort werden in einer zweistufigen Reaktion – dem sogenannten Redox-Zyklus – Wasser und CO2 gespalten und Syngas hergestellt. Diese Mischung aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid kann dann mittels konventioneller Methanol- oder Fischer-Tropsch-Synthese in flüssige Treibstoffe weiterverarbeitet werden.

„Das thermochemische Verfahren nutzt das gesamte Sonnenspektrum und läuft bei hohen Temperaturen ab“, erklärt Steinfeld. „Dies ermöglicht schnelle Reaktionsgeschwindigkeiten und einen hohen Wirkungsgrad.“

So funktioniert die Züricher Solarraffinerie.© ETH Zürich

Ein Quadratkilometer reicht für 20.000 Liter Kerosin

Während die Anlage in Zürich die grundsätzliche Machbarkeit demonstriert, sind die Forscher bereits dabei, einen solchen Solarreaktor in großem Maßstab in der Nähe von Madrid zu testen. Das nächste Ziel ist es dann, die Technologie auf industrielle Größe zu skalieren und Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen. „Ziel ist, dass wir in Zukunft mit unserer Technologie effizient nachhaltige Treibstoffe produzieren und so zur Verringerung des weltweiten CO2-Ausstoßes beitragen“, sagt Philipp Furler von Synhelion, einer Ausgründung der ETH Zürich.

Nach Einschätzung der Forscher könnte eine Solaranlage von einem Quadratkilometer Fläche pro Tag 20.000 Liter Kerosin produzieren. „Theoretisch kann man mit einer Anlage auf der Fläche der Schweiz oder eines Drittels der Mojave-Wüste in Kalifornien den Kerosin-Bedarf der gesamten Luftfahrt decken“, so Furler.

Quelle: Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich)

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