Technik

Twitter als Stimmungsbarometer der Welt

Microblogging-Meldungen zeigen weltweite Schwankungen der Laune im Tages- und Jahresverlauf

Die Weltkarte zeigt die durchschnittliche Häufigkeit positiver Twitter-Meldungen in verschiedenen Ländern, dunklere und intensivere Rottöne stehen dabei für viele positive Tweets, für schwarz gefärbte Länder fehlten Daten. © Science/AAAS

Forscher haben den Microblogging-Dienst Twitter genutzt, um Stimmungsschwankungen von 2,4 Millionen Menschen in aller Welt zu untersuchen. Die in den Kurzmeldungen ausgedrückten positiven und negativen Gefühle zeigten über alle Kulturen, Religionen und Ländergrenzen hinweg einen ähnlichen Rhythmus, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Science“.

Für ihre Studie sammelten die Forscher insgesamt 509 Millionen Twittermeldungen, die im Laufe von zwei Jahren verschickt worden waren. Diese Texte analysierten sie mithilfe eines Computerprogramms auf Ausdrücke positiver oder negativer Stimmung hin. Durch die Nutzung dieses sozialen Online-Mediums sei es erstmals möglich, individuelles Verhalten auf globaler Eben in Echtzeit zu verfolgen, sagen die Wissenschaftler.

Laune von Tages- und Jahresverlauf beeinflusst

„Die Menschen wachen morgens mit guter Laune auf, diese nimmt aber im Laufe des Tages deutlich ab“, schreiben Scott Golder und Michael Macy von der Cornell University in Ithaca. Erst später am Abend erhole sich die Stimmung wieder. Das zeige, dass der Schlaf und die innere Uhr, aber auch der Arbeitsrhythmus die Laune von Individuen weltweit ähnlich beeinflusse.

An ihrem globalen „Twitter-Stimmungsbarometer“ konnten Golder und Macy auch ablesen, wie sich die Laune der Menschen weltweit im Jahresverlauf ändert. „Die Menge positiver Gefühlssäußerungen ist höher, wenn die Tage länger werden“, berichten die Wissenschaftler. Besonders gut gestimmt seien die Twitter-Nutzer im Frühling, wenn die Veränderung der Tageslänge am stärksten spürbar sei. Weniger Anzeiger für gute Laune gebe es dagegen im Herbst, wenn die Tage immer kürzer werden. Die absolute Tageslänge habe dagegen für die Stimmung keine Rolle gespielt, sagen die Forscher.

Hochstimmung am Wochenende

Die Auswertung von Tweets über verschiedene Kulturen hinweg habe auch gezeigt, wie der Arbeitsrhythmus die Laune präge, sagen die Forscher. In Ländern mit freiem Samstag und Sonntag twitterten die Menschen an diesen Tagen besonders positiv. Das „Morgenhoch“ lag – passend zu einem späteren Aufstehen – an diesen Tagen zwei Stunde später als an Wochentagen. In den Vereinigten Arabischen Emiraten zeigte sich dieses Wochenendmuster dagegen freitags und samstags, da die Menschen in dem islamisch geprägten Land dann arbeitsfrei hatten.

Die Twitter-Auswertung ergab zudem, dass positive und negative Gefühlsäußerungen unabhängig voneinander variierten. So blieb die Menge negativer Stimmungsäußerungen im Jahresverlauf gleich, während sich die positiven Gefühlsausdrücke vom Frühjahr zum Herbst hin deutlich verringerten. Das zeige, dass beide Gefühlsäußerungen nicht einfach nur die entgegengesetzten Extreme einer Stimmungsskala seien, sagen Golder und Macy. Stattdessen hätten auch vorangehende Studien bereits angedeutet, dass beide nicht direkt gekoppelt seien.

Abgleich mit Wortlisten

Für die Auswertung der Twittermeldungen setzten die Forscher ein spezielles Computerprogramm ein, das sogenannte „Linguistic Inquiry and Word Count“ (LIWC). Diese Texterkennungs-Software vergleicht die Mitteilungs-Texte mit Listen von gespeicherten Worten und Wortstämmen. Diese sind insgesamt 64 unterschiedlichen Gefühlen und Verhaltenstypen zugeordnet- von Begeisterung und Glück bis hin zu Stress, Angst oder Wut.

Anhand der Zeitstempel, die in jedem Tweet enthalten sind, konnten die Wissenschaftler Veränderungen in der Häufigkeit positiver und negativer Gefühlsausdrücke im Stunden-, Tages- und Jahresrhythmus nachvollziehen. Von jedem der 2,4 Millionen erfassten Nutzer sammelten sie dafür zwischen 25 und 400 Tweets. Damit sei es auch möglich gewesen, die Stimmungskurven verschiedener Individuen zu vergleichen. Für die Auswertung berücksichtigten Golder und Macy nur englischsprachige Mitteilungen. In 84 Ländern habe man einen ausreichend hohen Anteil von Tweets in dieser Sprache erhalten, so dass eine fast globale Abdeckung möglich gewesen sei, sagen die Forscher. (Science, 2011; DOI:10.1126/science.1202775)

(Science, 30.09.2011 – NPO)

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