Physik

„Überschall“-Kegel aus Licht gefilmt

Neuartige Ultra-Highspeed-Kamera fängt erstmals Mach-Kegel eines Laserpulses ein

Auch Licht kann unter bestimmten Bedingungen einen Art "Überschall"-Kegel bilden - es überholt sich dabei gewissermaßen selbst. © Jinyang Liang, Lihong V. Wang

Lichtbewegung eingefangen: Forscher haben erstmals den „Überschall“-Kegel eines gestreuten Laserpulses in Echtzeit gefilmt. Möglich wurde dies mit einer neuentwickelten Ultra-Highspeed-Kamera, die 100 Milliarden Bilder pro Sekunde macht. Mit ihr lassen sich selbst Bewegungen mit Lichtgeschwindigkeit einfangen – wie die Bildung des photonischen Mach-Kegels bei einem Laserpuls.

Nichts ist so schnell wie das Licht – entsprechend schwierig ist es, den Flug von Photonen optisch abzubilden oder zu filmen. „Die Bewegung des Lichts einzufangen, erfordert Belichtungszeiten im Picosekunden-Bereich“, erklären Jinyang Liang von der Washington University on St. Louis und seine Kollegen. Mit konventionellen Kameras ist dies schlicht nicht machbar.

100 Milliarden Bilder pro Sekunde

Doch im Jahr 2014 gelang den US-Forschern das scheinbar Unmögliche: Mit der von ihnen entwickelten Compressed Ultrafast Photography (CUP) filmten sie den Flug eines Lichtpulses mit bis zu 100 Milliarden Bildern pro Sekunde. Die CUP-Kamera nutzt ein System von Spiegeln und Strahlteilern, um aus zeitlich nacheinander eintreffenden Lichtsignalen ein für einen Bildsensor registrierbares räumliches Muster zu erzeugen. Eine Aufnahme genügt daher, um die Bewegung eines Laserpulses einzufangen und darzustellen.

Diese CUP-Kamera haben Liang und seine Kollegen nun weiterentwickelt. Ihre neue loss-less encoding CUP-Kamera (LLE-CUP) erstellt aus einem Schnappschuss drei verschiedenen Ansichten eines Ereignisses. „Eine Ansicht ist ein direktes Bild des Ereignisses während der Belichtungszeit und ähnelt damit der herkömmlichen Fotografie „, erklären die Forscher. Die anderen beiden Teilbilder zeichnen mit Hilfe komplexer Algorithmen die zeitliche Information des Geschehens auf.

Spiegel, Linsen, Laser - von außen ist die LLE-CUP-Kamera eher unauffällig. © Jinyang Liang, Lihong V. Wang

Wellenkegel aus Licht

Wie gut die neue LLE-CUP-Kamera funktioniert, testeten die Wissenschaftler mit einem ambitionierten Experiment. Ihr Ziel: den Mach-Kegel von gestreutem Licht zu fotografieren. Solche Kegel bilden sich, wenn ein Objekt sich schneller bewegt als die Ausbreitungsgeschwindigkeit der von ihm erzeugten Wellen. Beim Überschallflug werden die Schallwellen dadurch zu einem von der Flugzeugspitze nach hinten reichenden Kegel komprimiert – dem Mach-Kegel.

Ein solcher Wellenkegel lässt sich auch mit Licht erzeugen. Dafür wird ein zweitgeteiltes Medium benötigt, das aus einem Kanal mit niedrigem Brechungsindex und umgebenden Bereichen aus höher lichtbrechendem Material besteht. Rast nun ein Laserpuls durch den Kanal, wird sein Licht gestreut – im Kanal schneller als im Umfeld. „Zu einem bestimmten Zeitpunkt hat die Verteilung dieses Streulichts die Form eines Mach-Kegels“, erklären Liang und seine Kollegen.

Diese Echtzeit-Aufnahme eines photonischen Mach-Kegels entstand mit der LLE-CUP-Kamera © Liang et al./ Sci. Adv.2017;3:e1601814

Erster Schnappschuss eines photonischen Mach-Kegels

Mit Hilfe ihrer LLE-CUP-Kamera ist es den Forschern nun erstmals gelungen, einen solchen Mach-Kegel aus Licht in Echtzeit und mit nur einer Aufnahme abzubilden. Erzeugt wurde der Kegel mit einem grünen Laser, der vier Picosekunden lange Pulse durch den Kanal schickte. Die LLE-CUP-Kamera fing das Streulichtgeschehen mit einer zeitlichen Auflösung von 100 Milliarden Frames pro Sekunde ein.

Und tatsächlich: Die Aufnahme zeigt deutlich einen kegelförmig ausgezogenen Lichtpuls. „Die Spitze des Kegels wird von zwei Lichtschweifen gebildet, die sich von der Spitze des Laserpulses nach hinten ziehen“, berichten die Wissenschaftler. Der Winkel der beiden Schweife beträgt rund 45 Grad – was den theoretisch für einen solchen Mach-Kegel ermittelten Werten entspricht.

„Diese Technologie ist vielversprechend besonders für die biomedizinische Bildgebung der nächsten Generation“, erklären Liang und seine Kollegen. Denn ihre LLE-CUP-Kamera sei schnell genug, um selbst das Feuern von Neuronen einzufangen. Zudem seien weder Wiederholungen der Reaktion noch zusätzliche spezialisierte Lichtquellen nötig. (Science Advances, 2017; doi: 10.1126/sciadv.1601814)

(AAAS, 23.01.2017 – NPO)

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