Forscher haben erstmals eine ultraflache Metalinse hergestellt, die groß und scharf genug ist, um selbst astronomische Aufnahmen zu erstellen – und die leicht massenproduzierbar ist. Möglich wird dies dank 18,7 Milliarden Nanosäulchen, die mithilfe eines gängigen Lithografie-Verfahrens in das Glas der Linse eingeprägt wurden. Die Auflösung der zehn Zentimeter großen Linse ist hoch genug, um Mond, Sonnenflecken und Sternennebel abzubilden. Solche Meta-Linsen könnten beispielsweise in Raumsonden oder bei der optischen Datenübertragung eingesetzt werden.
Metamaterialien manipulieren Licht, erschaffen Hologramme oder werden zum Tarnmantel. Denn ihre Nanostruktur bricht und verändert Strahlung auf spezifische Weise. Auch die Polarisation oder Amplitude des Lichts ist durch die Oberflächen aus winzigen Säulen oder Löchern nahezu beliebig veränderbar. Nützlich ist dies überall dort, wo Strahlung umgewandelt, abgefangen oder gezielt strukturiert werden soll. So erreichen Linsen aus Metamaterial bei geringerer Größe und Dicke eine weit höhere Auflösung als konventionelle Optiken.
Ein Skalierungsproblem und die Nano-Lithografie
Doch es gibt einen Haken: Bisher war es extrem aufwendig, die maßgeschneiderte Nanostruktur von Meta-Linsen zu erzeugen. Dadurch konnten diese bisher nur in Millimetergröße und Einzelanfertigung hergestellt werden. 2019 entwickelte ein Team der Harvard University um Federic Carpasso jedoch eine erste Lösung: Sie erzeugten die Nanostruktur von gläsernen Meta-Linsen mit einem UV-Lithografie-Verfahren, das in der Computerchip-Produktion gängig ist. Damit wird erstmals eine großtechnische Herstellung von Meta-Linsen möglich – beispielsweise für ultraflache Handykameras.
„Aber diese Lithografie-Anlagen sind auf Computerchips von maximal 20 bis 30 Millimeter ausgelegt“, erklärt Erstautor Joon-Suh Park von der Harvard University. Für viele Anwendungen, beispielsweise in der optischen Datenübertragung oder der Astronomie, werden jedoch größere, höher auflösende Meta-Linsen benötigt. Park und seine Kollegen haben deshalb ein Verfahren entwickelt, bei dem die Linse in mehrere Felder aufgeteilt wird. Diese erhalten mithilfe der Nano-Lithografie nacheinander die passendem nahtlos aneinandergrenzende Nanostruktur.
Ultraflache Glaslinse mit 18,7 Milliarden Nanosäulchen
Das Resultat ist eine zehn Zentimeter große Meta-Linse aus Glas, in das insgesamt 18,7 Milliarden Nanosäulchen eingeätzt sind. Es ist die erste gläserne Meta-Linse dieser Größe, die innerhalb von Minuten mittels gängiger Mikrochip-Lithografie hergestellt werden kann. „Dies überwindet die bisherigen Limitationen der Lithografie-Tools und demonstriert, dass große Metaoberflächen auch kommerziell rentabel produziert werden können“, schreiben Park und seine Kollegen.
Nach Ansicht der Wissenschaftler eröffnete diese Technologie damit neue Möglichkeiten, die ultraflachen, hochauflösenden Meta-Linsen in Forschung, Raumfahrt und Technik einzusetzen. „Mithilfe dieser Lithografie-Methode könnte man große, Abberations-korrigierende Meta-Optiken herstellen“, sagt Koautor Soon Wei Daniel Lim von der Harvard University. Solche Optiken wären beispielsweise bei der optischen Datenübertragung per Laserstrecke hilfreich, sie könnten aber auch helfen, Kameras für Raumsonden und Weltraumteleskope leichter und kleiner zu machen.
Meta-Linse als Astro-Kamera
Wie gut die neu entwickelte Zehn-Zentimeter-Linse funktioniert, haben Park und sein Team direkt ausprobiert. Sie kombinierten dafür die Meta-Linse mit einem Farbfilter und einem Kamerasensor und montierten das Ganze auf ein Stativ. Mit dieser Meta-Kamera stiegen sie auf das Dach ihres Labors und versuchten sich an verschiedenen astronomischen Aufnahmen – es sind die ersten mit einer Meta-Linse erstellten.
Mit Erfolg: Die Aufnahmen zeigen den Mond, Sonnenflecken sowie einen rund 2.590 Lichtjahre entfernten Sternennebel im Sternbild Schwan in beachtlicher Schärfe. „Diese Aufnahmen sind vergleichbar mit denen, die mit konventionellen Teleskoplinsen erstellt wurden“, sagt Park.
Zusätzlich testeten er und sein Team, ob die gläsernen Meta-Linsen und ihre feinen Nanostrukturen auch den harschen Bedingungen beispielsweise an Bord einer Raumsonde standhalten würden. Dafür setzten sie die Linsen im Wechsel extremer Kälte, extremer Hitze sowie intensiven Vibrationen aus. Die Meta-Linsen überstanden dies ohne bleibende Schäden oder Beeinträchtigungen ihrer optischen Eigenschaften, wie Park und seine Kollegen berichten. Die Meta-Linsen wären damit weltraumtauglich. (ACS Nano, 2024; doi: 10.1021/acsnano.3c09462)
Quelle: Harvard John A. Paulson School of Engineering and Applied Sciences