Molekularer Klettverschluss für unter Wasser: Koreanische Forscher haben ein neues Verfahren entwickelt, mit dem sich Gegenstände künftig in nasser oder feuchter Umgebung reversibel kleben lassen. Sie nutzen dazu die wasserabweisenden Eigenschaften zweier Moleküle aus, die sich klettverschlussartig verbinden und trennen lassen. Aufgrund ihrer Bioverträglichkeit sind Anwendungen der Technik auch in der Medizin möglich, wie die Forscher in der Fachzeitschrift „Angewandte Chemie “ berichten.
Will man etwas durch Kleben miteinander verbinden, sollten beide Flächen sauber und trocken sein. So steht es auf den meisten handelsüblichen Klebetuben. Nicht ohne Grund, denn das Kleben feuchter Oberflächen oder gar unter Wasser ist auch für die Wissenschaft noch immer eine Herausforderung. Um das Problem zu lösen, haben Forscher bisher vor allem versucht, natürliche Unterwasser-„Klebstoffe“, wie etwa die Haftmoleküle von Muscheln, nachzuahmen. Zwar kleben die Stoffe effektiv im Nassen, der Nachteil ist allerdings, dass die Haftung nicht umkehrbar ist.
Wassermoleküle sind im Weg
Die Wissenschaftler um Kimoon Kim der Pohang University of Science and Technology in Südkorea wählten nun einen ganz anderen Ansatz, der sie weg vom natürlichen Vorbild führte. Sie wussten: Die Hauptschwierigkeit beim konventionellen Kleben unter Wasser sind die Wassermoleküle die zwischen Klebstoff und Klebflächen sitzen und so ein chemisches Reagieren beider miteinander verhindern. Die Herausforderung war daher bislang, die Wassermoleküle zwischen den Klebpartnern verschwinden zu lassen.
Das von Kim und seinem Team entwickelte Verfahren nutzt dagegen nun das notwendige Vertreiben des Wassers sogar als Schubkraft für die Bindung zwischen Kleber und Klebfläche. Auf der einen Seite stehen dabei wasserlösliche, kürbisförmige Wirtsmoleküle, sogenannte Cucurbiturile. Das sind große, ringförmige Moleküle, die sich aus mehreren Einheiten zusammensetzen und andere Moleküle in einem wasserabweisenden Hohlraum binden können. Auf der anderen Seite stehen die sogenannten Ferrocene, eine wasserabweisende Verbindung aus zwei Ringen mit einem Eisenatom dazwischen – ähnlich zweier Scheiben Toast mit Füllung.
Sandwich und Kürbis halten zusammen
Für ihren molekularen Klettverschluss stellten die Forscher zwei verschiedene Silikonstreifen her. Auf den einen befestigten sie viele „Kürbisse“ und auf den anderen die sandwichartigen Ferrocene. Werden beide nun zusammengepresst, schieben sich die Sandwichmoleküle leicht in die Taschen der Kürbismoleküle ein. Weil beide Partner an dieser Stelle wasserabweisend sind, können sie eine sehr feste, aber nicht kovalente – das heißt leicht reversible – Bindung miteinander eingehen. Diese Bindung ist für beide Seiten energetisch günstig und fördert daher die Klebwirkung. So können die Silikonstreifen analog zu einem Klettverschluss fest zusammenhaften. Eine Fläche von 1×1 Zentimeter des Silikon-Klettbandes hält so ein Gewicht von zwei Kilogramm in Wasser. Nach dem Trocknen in Luft trägt es sogar vier Kilogramm. Das ist mehr als beispielsweise ein doppelseitiges Klebeband halten kann.
Um beide wieder voneinander zu trennen, genügt – ähnlich dem Klebeband – ein kräftiges Auseinanderreißen der Klebebänder. Möglich ist aber auch eine chemische Behandlung mit Hypochlorit-Lösung, die die Eisenatome der Sandwiches oxidiert und dadurch die Bindung aufhebt. In beiden Fällen sind die Silikonstreifen wiederverwendbar. Da die verwendeten Stoffe alle bioverträglich sind, wären Anwendungen in der Medizin, etwa beim Verschluss von Operationswunden denkbar, erklären die Forscher. Hierfür sind bisherige Nass-Kleber, wie die imitierten Muschel-Haftmoleküle nicht geeignet, da sie starke Oxidationsmittel für die Aushärtung benötigen.
(Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V., 22.02.2013 – KBE)