Chemie

Uran aus dem Meer?

Neue Absorber-Materialien können gelöstes Uran aus dem Meerwasser gewinnen

Im Mikrotomografen zeigt sich die Struktur der Uran-Fänger-Schnur © DOE/ PNNL

Schnüre als Uran-Fänger: Im Wasser der Weltmeere sind mehr als vier Milliarden Tonnen Uran gelöst. Jetzt haben US-Forscher eine Methode entwickelt, mit der sich dieser wertvolle Rohstoff einfangen lässt. Es reicht aus, mit einem neuen Absorbermaterial beschichtete Schnüre ins Wasser zu hängen und abzuwarten, bis sich genügend Uran angelagert hat, wie erste Tests belegen.

Auch wenn bei uns in Deutschland der Atomausstieg im Gange ist, sind viele andere Länder für ihre Stromversorgung vorerst noch auf die Atomenergie angewiesen. Und dafür benötigen sie Uran. Doch dieser Rohstoff ist endlich: Die Vorkommen an Land reichen den Schätzungen nach noch für rund 100 Jahre. Zudem ist die Aufbereitung des Uranerzes zu dem in Atomkraftwerken benötigten Uran-235 enorm aufwändig.

Ozeane als Uranquelle

Doch es gibt noch eine andere Ressource: das Meer. Geschätzte vier Milliarden Tonnen Uran sind im Wasser der Ozeane gelöst – das wäre genug, um den Energiebedarf der Menschheit für 10.000 Jahre zu decken. Allerdings: Das Uran aus dem Wasser einzufangen, ist nicht leicht. Erst in den 1990er Jahren gelang es japanischen Wissenschaftlern, Materialien zu produzieren, die gezielt Uran aus Meerwasser an sich binden – wenngleich noch in eher minimalen Mengen.

Seither tüftelten US-Forscher im Rahmen eines großangelegten Forschungsprogramms daran, diese Methode effektiver und wirtschaftlich lohnend zu machen – mit Erfolg. Sie stellen nun erstmals Materialien vor, die die Kosten der Uran-Extraktion aus dem Meerwasser um das Drei- bis Vierfache reduzieren – und die Ausbeute deutlich erhöhen.

Einige Oxidationsstufen des Urans sind wasserlöslich - und finden sich auch im Meerwasser. © Los Alamos National Laboratory

„Schnüre einfach ins Meer hängen“

Und so funktioniert es: Der neue „Uran-Fänger“ besteht aus langen Schnüren aus Polyethylenfasern, die organische Amidoxim-Moleküle enthalten. Diese kohlenstoff- und stickstoffhaltigen Verbindungen wirken quasi als Lockstoff für das im Wasser gelöste Uran, weil dieses bevorzugt Bindungen mit ihnen eingeht.

Um das Uran einzufangen, reicht es, diese Schnüre einfach ins Meer zu hängen, am besten in Gebieten mit guter Durchmischung des Wassers, wie die Forscher erklären. Nach einigen Wochen können dann die uranhaltigen Schnüre wieder eingeholt werden. Sie werden einer Säurebehandlung unterzogen, die dazu führt, dass Uranyl-Ionen freiwerden, die aus der Lösung gewonnen und weiterverarbeitet werden können. Die Uran-Fänger-Schnur übersteht diese Behandlung ohne Probleme und kann direkt wieder im Ozean eingesetzt werden.

Sechs Gramm in 50 Tagen

Wie viel Uran über diese Uran-Fänger gewonnen werden kann, zeigte sich bereits Tests an drei verschiedenen Standorten an der US-Westküste, in Florida und an der Küste von Massachusetts. Nach 49 Tagen im Ozean hatten die Schnüre immerhin sechs Gramm Uran pro Kilogramm Absorbermaterial gebunden, wie die Wissenschaftler berichten.

„Zu verstehen, wie die Absorber unter natürlichen Bedingungen im Meerwasser arbeiten, ist entscheidend“, erklärt Gary Gill vom Pacific Northwest National Laboratory in Richland. Denn neben der Ausbeute an Uran muss auch sichergestellt werden, dass diese Methode keine negativen Auswirkungen auf die Meeresumwelt hat. „Wir haben aber bereits festgestellt, dass die meisten dieser Absorbermaterialien nicht giftig sind“, so Gill.

Fünf Jahre Arbeit

Noch müssen die Uran-Fänger-Schnüre und ihre Absorber-Materialien weiter getestet werden. Aber die Forscher halten ihre Neuentwicklung schon jetzt für vielversprechend – auch wenn der Weg dahin nicht gerade einfach war: „Ein Material zu synthetisieren, das Uran effektiv aus dem Meerwasser absorbiert, erforderte fünf Jahre Arbeit und ein multidisziplinäres Team“, sagt Sheng Dai vom Oak Ridge National Laboratory (ORNL).

Den Anfang machten Modellrechnungen im Computer, die prüften, welche chemische Gruppen selektiv an Uran binden. Dann folgten thermodynamische und kinetische Studien, die ermittelten, wie schnell das Uran aus dem Wasser an die Absorber bindet und wo das Gleichgewicht dieser Reaktion liegt. Denn nur, wenn mehr gebunden wird als sich wieder löst, funktioniert das Ganze. Erst nachdem diese Faktoren geklärt waren, begann die Herstellung der Uran-Fänger-Schnüre. (Industrial and Chemical Engineering Research, 2016; special edition)

(DOE/ Oak Ridge National Laboratory, 25.04.2016 – NPO)

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