Wie wäre es wohl, wenn Sie durch das historische Pompeji vor dem Ausbruch des Vesuv spazieren könnten? Eine faszinierende Vorstellung, die Forscher jetzt Wirklichkeit werden lassen. Sie haben eine neuartige Laufplattform entwickelt, auf der sich Menschen ungehindert in virtuellen Welten bewegen können, den „Cybercarpet“. Er ist das Ergebnis eines dreijährigen, von der Europäischen Kommission geförderten Projekts.
In den vergangenen Jahrzehnten hat es enorme Fortschritte im Bereich von Virtual Reality gegeben. Virtuelle Umgebungen können heute mit photorealistischen Grafiken, Hifi-Sound und sogar haptischen Erfahrungsmöglichkeiten wiedergeben werden. Nicht möglich war es bisher jedoch, sich in diesen virtuellen Welten ungehindert in alle Richtungen zu bewegen. In der Regel konnten die Nutzer per Maus oder Joystick durch diese Umgebungen navigieren oder mit einer Monitorbrille ausgestattet in einer Richtung auf einem Laufband marschieren. Das entspricht aber überhaupt nicht der natürlichen Art und Weise, wie wir uns in Städten oder Gebäuden bewegen und orientieren.
Laufband in alle Richtungen
Umgekehrt sind Virtuelle Welten eine geeignete Methode, um genau dieses Navigieren des Menschen unter quasi-natürlichen Bedingungen zu untersuchen. Für die Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in Tübingen beginnt deshalb die Arbeit genau dort. Mit dem Cybercarpet steht ihnen die weltweit erste wirklich nutzbare sogenannte omnidirektionale Plattform zur Verfügung, auf der man ungehindert in jede Richtung durch virtuelle Umgebungen laufen kann.
Die Konstruktion der Plattform lag in Händen von Forschern des Instituts für angewandte Mechanik der TU München. Sie fanden eine Reihe neuer mechanischer Lösungen für einen gleichmäßigen und sicheren Betrieb des Cybercarpets, der wie die überdimensionierte Kette eines Raupenbaggers aussieht. Dabei bestehen die Glieder dieser Kette aus einzelnen Laufbändern, die sich zusätzlich senkrecht zur Bewegungsrichtung der Raupenkette bewegen. Vorwärts-, Rückwärts- und Seitwärtsbewegungen ergeben in der Summe ein Fließband, dessen Fläche sich nun in alle Richtungen bewegt.