Die winzigen, hohlen Nanoröhren sind vielfältig einsetzbar und entsprechend begehrt. Doch ihre Herstellung ist bisher schwierig. Jetzt haben Max-Planck-Forscher eine neue Methode entwickelt, bei der aus drei Verbindungen bestehende Nanoröhren mithilfe des so genannten Kirkendall-Effekts entstehen, einer speziellen Art der Diffusion in Festkörpern. Wie die Wissenschaftler in „Nature Materials“ berichten, lassen sich so auch sehr effektiv Nanodrähte erzeugen.
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Nanoröhren aus Verbindungsmaterialien können auf ganz verschiedene Weise erzeugt werden – etwa durch Aufrollen von Schichtmaterialien, das Beschichten von Templaten oder das Herauslösen des Kerns aus einem Kern-Hülle-Nanodraht. Doch bei Verbindungsmaterialien, die aus drei Elementen bestehen, zeigen die meisten der bisher verwendeten Methoden Mängel oder Grenzen: Entweder benötigt man geschichtete Materialien oder Template wie poröses Aluminiumoxid, oder die realisierten Nanoröhren haben ein zu kleines Verhältnis von Länge zu Durchmesser. Hinzu kommt, dass die Kristallinität der Nanoröhren bei diesen Methoden unzureichend ist.
Die Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik haben nun eine neue, universell einsetzbare Technik vorgestellt, mit der man Nanoröhren aus ternären – also aus drei Elementen bestehenden – chemischen Verbindungen herstellen kann. Die Forscher demonstrierten die Methode am Beispiel von ultralangen, einkristallinen ZnAl2O4 Nanoröhren mit einem Durchmesser von rund 40 Nanometer und einer Wandstärke von etwa zehn Nanometer.
Wenn „Leerstellen“ wandern
Diese Nanoröhren werden durch eine Festkörperreaktion erzeugt, die durch einen Diffusionsprozess vermittelt wird, welcher zwischen ZnO (Kern) und Al2O3 (Hülle) stattfindet, und zwar vermittels Leerstellenaustauschs. Leerstellen sind Stellen im Kristallgitter, an denen ein Gitterplatz unbesetzt ist. Der Kirkendall-Effekt, eine bei Diffusion von Leerstellen vorkommende Asymmetrie der auftretenden Diffusionsgeschwindigkeiten, die zur Bildung von Poren führen kann, haben die Forscher hier zum ersten Male gezielt auf eindimensionale Nanostrukturen angewendet.
Aufgrund der besonderen geometrischen Randbedingungen, die infolge der Zylindersymmetrie der Nanodrähte gegeben sind, können die sich bildenden Poren den Nanodraht nicht verlassen, so dass sie sich in der Mittelachse anreichern und am Ende einen Hohlraum in Form einer Röhre ergeben. Die Forscher haben auf diese Weise Nanoröhren des Spinells ZnAl2O4 hergestellt. Spinelle sind Verbindungen des Typs AB2O4, die kubisch kristallisieren und vielfältige Anwendungen, z.B. in der Nachrichtentechnik und Katalyse, finden.
Komplexe Hohlkörper herstellbar
Die neue Methode hat im Vergleich zu anderen Techniken den Vorteil, dass die Poren und Hohlräume nicht vorab speziell erzeugt werden müssen, weshalb man damit sogar komplex geformte, dreidimensionale hohle Nanostrukturen herstellen kann. Außerdem können Nanoröhren mit einem sehr großen Verhältnis von Länge zu Durchmesser erzeugt und in großen Mengen gleichzeitig hergestellt werden, was wiederum für mögliche Anwendungen eine wichtige Voraussetzung ist. Zudem ist das Ausgangsmaterial ZnO (das z.B. auch in medizinischen Salben enthalten ist) physiologisch sehr gut verträglich. Ferner zeichnet sich die Möglichkeit ab, dass man diese Methode auch auf andere ZnO- oder MgO-basierte Spinell-Nanostrukturen mit angepasster chemischer Zusammensetzung und mit entsprechenden interessanten Eigenschaften übertragen kann.
(MPG, 15.09.2006 – NPO)