Physik

Vor 100 Jahren: Das Stern-Gerlach-Experiment

1922 wiesen zwei deutsche Physiker erstmals die Richtungsquantelung von Spins nach

Stern und Gerlach
Otto Stern (links) und Walther Gerlach schrieben mit ihrem Experiment Physikgeschichte. © Jürgen Jaumann/ DPG

Vor genau 100 Jahren – in der Nacht vom 7. auf den 8. Februar 1922 – gelang zwei deutschen Physikern ein bahnbrechender Nachweis. Erstmals konnten Otto Stern und Walther Gerlach belegen, dass die Drehimpulse von Atomen keine beliebigen Richtungen einnehmen, sondern nur diskrete, klar abgrenzbare Ausrichtungen haben können. Diese der klassischen Physik widersprechende Richtungsquantelung ist eine fundamentale Eigenheit von Quantensystemen und bildet bis heute die Basis der modernen Quantenphysik.

Der Eigendrehimpuls von Elektronen – ihr Spin – ist eine fundamentale Eigenschaft dieser Elementarteilchen und prägt in vieler Hinsicht ihr Verhalten. Die Ausrichtung dieser Spins und ihr „Umklappen“ unter dem Einfluss elektrischer oder magnetischer Felder spielt zudem eine wichtige Rolle für Anwendungen von der Kernspin-Tomografie über Laser bis zum Quantencomputer.

Doch was es mit dem Spin auf sich hat und wie er sich verhält, war bis vor 100 Jahren weitgehend unbekannt. Zwar legte das 1916 von den Physikern Niels Bohr und Arnold Sommerfeld vorgestellte Atommodell bereits nahe, dass der Drehimpuls von Atomen quantisiert sein muss. Ihrer Theorie zufolge konnte dieser Spin nicht nahtlos in alle Richtungen zeigen, sondern nur bestimmte, diskrete Winkel annehmen. Ein experimenteller Beweis dieser Quantisierung stand aber noch aus.

Stern-Gerlach-Experiment
Aufbau des Stern-Gerlach-Experiments © Theresa Knott/ CC-by-sa 3.0

Silberatome im Magnetfeld

An diesem Punkt kommen nun die deutschen Physiker Otto Stern und Walther Gerlach ins Spiel. Bereits 1919 hatte Stern eine Methode entwickelt, um fokussierte Strahlen aus Atomen zu erzeugen. Darauf bauten die beiden Forscher auf, indem sie einen damit erzeugten Strahl von Silberatomen durch ein inhomogenes Magnetfeld auf eine Glasplatte leiteten. Die Silberatome wählten sie deshalb, weil schon zuvor beobachtetet worden war, dass diese sich im Magnetfeld ablenken lassen und daher einen Drehimpuls besitzen mussten.

Heute weiß man, dass dieser Drehimpuls der Silberatome darauf zurückgeht, dass dieses Element ein einzelnes Elektron in der äußeren Schale trägt. Der Gesamtdrehimpuls des Atoms ist zwar gleich Null, der Spin dieses einzelnen Außenelektrons beeinflusst aber das Verhalten der Silberatome im Magnetfeld. Heute wird das Stern-Gerlach-Experiment meist mit den günstigeren Kaliumatomen durchgeführt, die ebenfalls ein einzelnes Außenelektron aufwiesen.

Zwei getrennte Maxima

Der Clou des Experiments von Stern und Gerlach: Wenn die Drehimpulse dieser Atome nicht quantisiert sind, dann müssten sich die Atome nach ihrem Flug durch das inhomogene Magnetfeld als nahezu gleichmäßiger, breit verteilter Film auf der Glasplatte niederschlagen. Sollten die Drehimpulse aber nur in ganz bestimmte Richtungen zeigen können, müsste es Lücken im Silberniederschlag geben.

In der Nacht vom 7. auf den 8. Februar 1922 war es dann soweit: Gerlach führte das von ihm und seinem Kollegen konzipierte Experiment im Gebäude des Physikalischen Vereins in Frankfurt am Main durch. Das Ergebnis: Auf der Glasplatte zeigten sich zwei voneinander getrennte Bereiche der Silberablagerung. Damit war klar, dass die Drehimpulse tatsächlich eine Richtungsquantelung zeigen. Gerlach schickte daraufhin Stern, der gerade in Rostock war, ein Telegramm mit den Worten: „Bohr hat doch Recht.“

Folgenreiche Erkenntnis

Nur wenige Physikexperimente der vergangenen 200 Jahre haben einen so großen Einfluss auf die Wissenschaften gehabt wie das Stern-Gerlach-Experiment. Denn Stern und Gerlach legten damit die Grundlage für die moderne Quantenphysik mit vielen daraus folgenden Entdeckungen: von Kernspinverfahren, der hochpräzisen Zeitmessung mittels Atomuhren, Lasern sowie von vielem anderen mehr. Die Weiterentwicklungen von Sterns Molekularstrahlmessung eröffneten zudem neue Möglichkeiten, auch andere Aspekte der atomaren Feinstruktur und Quantenphysik zu klären.

Otto Stern erhielt im Jahr 1943 für seine Molekularstrahlmethode den Physik-Nobelpreis. In der Folge führten die Erkenntnisse aus dem Stern-Gerlach-Experiment und weiteren Untersuchungen zu rund 45 weiteren Nobelpreisen für Physik oder Chemie – darunter Nobelpreisen für das Kernspinresonanzverfahren, für die Entwicklung des Lasers sowie für die Atomuhr.

Quelle: Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG)

 

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