Atomarer Ottomotor: Physiker haben einzelne Atome zu winzigen Wärmekraftmaschinen gemacht – Motoren im Atomformat. Statt eines Kolbens bewegt die aufgenommene Wärmeenergie bei diesen Atomen den Spin und klappt ihn um. Das Besondere daran: Dieser Otto-Kreisprozess im Quantenmaßstab ist effizient, kontrollierbar und gegenüber Fluktuationen erstaunlich leistungsstabil, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Communications“ berichten.
Ob Verbrennungsmotor oder Dampfmaschine: Klassische Wärmekraftmaschinen wandeln Wärmeenergie in mechanische Arbeit um. Im Idealfall sind sie dabei effizient, laufen gleichmäßig und liefern eine hohe Leistung bei möglichst geringem Wärme-Input. Gleichzeitig sorgen die Gesetze der Thermodynamik dafür, dass immer ein Teil der Energie verloren geht – ein Perpetuum Mobile ist daher unmöglich.
Ein Atom als Wärmekraftmaschine
Doch lässt sich das Prinzip der Wärmekraftmaschine auch auf den Nanomaßstab übertragen? Vor rund zehn Jahren konstruierten Forscher bereits eine Dampfmaschine von nur wenigen Mikrometern Größe. Doch schon in dieser Größenordnung traten erste Störeffekte auf: Die von der Wärme ausgelöste Eigenbewegung der Wassermoleküle ließ den Mikromotor stottern.
Jetzt hat ein Forschungsteam um Quentin Bouton von der Technischen Universität Kaiserslautern die Miniaturisierung der Wärmekraftmaschine auf die Spitze getrieben: Ihr Motor besteht nur noch aus einem Atom. Ziel der Physiker war es dabei, diese Quanten-Maschine so zu gestalten, dass sie trotz der für den Quantenmaßstab typischen Fluktuationen und Störeffekte gleichmäßig und kontrollierbar läuft.
Wärmeaustausch durch atomare Kollisionen
Dafür kühlten die Forschenden zunächst eine Wolke aus einige tausend Rubidium-Atomen fast bis auf den absoluten Nullpunkt herunter. Sie dienen als Wärmevermittler und Puffer für den eigentlichen Motor. Dieser besteht aus einzelnen Cäsium-Atomen, die in diese ultrakalte Atomwolke eingefügt werden. Zum Wärmeaustausch zwischen den atomaren Quantenmaschinen und den umgebenden Atomen kommt es immer dann, wenn die Atome kollidieren.
„Wenn die sogenannten Spin-Austauschstöße stattfinden, kippen die Drehbewegungen des stoßenden Caesium und Rubidium-Atoms in die jeweils andere Richtung“, erklärt Boutons Kollege Jens Nettersheim. Je nach Ausgangsverhältnis der beiden Spins erhöhen oder verringern diese Zusammenstöße stufenweise den Energiezustand der Cäsium-Atome – nach sechs Spinaustausch-Kollisionen ist jeweils das Maximum oder Minimum erreicht.
Nicht stotternder Otto-Kreisprozess
Im Prinzip entsteht so ein Otto-Kreisprozess in der Quantenwelt: Wie bei einer makroskopischen Wärmekraftmaschine wandelt das Cäsium-Atom die Zufuhr oder Abgabe von Wärmeenergie in Form der Kollisionen in mechanische Bewegung um – hier in die Veränderung seiner Spinrichtung. Um die verrichtete Arbeit nutzbar zu machen, könnte man beispielsweise ein Mikropartikel über das Magnetfeld mit diesem Spin koppeln, erklären die Physiker.
Das Entscheidende jedoch: Ihre Wärmekraftmaschine im Quantenmaßstab läuft ohne zu stottern und liefert gleichmäßig hohe Leistung bei hoher Effizienz ab, wie Bouton und seine Kollegen berichten. Erreicht wird dies dadurch, dass die Cäsium-Atome durch multiple Kollisionen in eine Art Sättigungszustand getrieben werden. „Sie verharren nach einer gewissen Zeit in einem Zustand, Fluktuationen sind somit kontrollierbar“, erklärt Seniorautor Artur Widera.
Bis ins letzte Quant regulierbar
Gleichzeitig sind das Verhalten der Cäsium-Atome und ihrer Rubidium-Umgebung gut steuerbar. „Die einzigartigen Merkmale dieses Systems ermöglicht es uns nicht nur, den Wärmeaustausch zwischen beiden auf der Ebene einzelner Quanten zu regulieren und zu überwachen. Wir können die Quantenmaschine auch gezielt in einem Regime mit hoher Effizienz, hoher Leistung und geringen Leistungsschwankungen betreiben“, konstatieren die Forschenden.
Nach Ansicht der Wissenschaftler bietet dieses System damit eine vielseitige Experimentier-Plattform, um fundamentale neue Effekte bei Quantenmaschinen und -interaktionen zu erforschen. (Nature Communications, 2021; doi: 10.1038/s41467-021-22222-z)
Quelle: Technische Universität Kaiserslautern