Ein neuartiges Erfrischungsgetränk könnte zukünftig eine echte Alternative zu Bier und anderen alkoholreichen Gerstenprodukten sein – jedenfalls wenn es nach Biotechnologen der Technischen Universität Berlin geht. Mit wenig Zucker, maximal einem Prozent Alkohol, dafür aber gesundheitsfördernden Stoffen wie Milchsäure und Glukonsäure entwickeln sie ein neues Gärgetränk, das ein richtiger Wellnessdrink werden soll.
Als Basis für das Produkt verwendet die Wissenschaftlerin Edeltraud Mast-Gerlach vom Institut für Biotechnologie der TU Berlin die so genannte Würze. Sie entsteht, wenn Malz mit Wasser im Maischbottich langsam erhitzt wird. Dabei wandeln Enzyme Malzstärke in Maltose und Glukose um. Nach Abtrennen der festen Bestandteile bleibt die „Würze“ als aromatische braune Flüssigkeit zurück. Mast-Gerlach vergärt sie nicht nur mit Hefe, sondern setzt auch Milchsäure- und Essigsäurebakterien zu.
Arbeits-Mikroben gesucht
Im ersten Projektteil wurden Organismen gesucht, die zwei Kriterien
erfüllen: Erstens den Hauptzucker der Würze, die Maltose gut verwerten zu können. Nicht alle Milchsäurebakterien können das, und auch nicht alle Hefen verarbeiten diesen Zucker gleich gut. Die Wissenschaftlerin durchforstete mit ihrem Team dazu eine Stammsammlung zu der rund 2.000 Hefen und 400 Bakterienstämme gehören.
Die Milchsäurebakterien sollten einen hohen Anteil an L-Milchsäure produzieren, denn nur diese Form kann vom menschlichen Körper genutzt werden. Die Essigsäurebakterien sollen viel Glukonsäure, aber nur wenig der stark hervorschmeckenden Essigsäure produzieren. Bei den Hefen gilt es solche zu identifizieren, die einen wirklich angenehmen Geschmack erzeugen. Keine Selbstverständlichkeit, denn drei Viertel der getesteten Hefen bilden Fehlaromen und einen unangenehmen Nebengeschmack – verursacht durch Stoffwechselprodukte wie zum Beispiel Schwefelverbindungen.
Auslese der Kandidaten im Gärbottich
Im zweiten Projektteil werden derzeit „Kandidaten“ der engeren Wahl gemeinsam vergoren. Gesucht werden geeignete Kulturbedingungen – Temperatur, Sauerstoffbedarf und pH-Wert -, die eine optimale Symbiose ermöglichen. Ebenfalls kein Kinderspiel, denn Hefen und Bakterien haben eigentlich unterschiedliche „Wohlfühlbedingungen“.
Doch es geht nicht nur um gute „Zusammenarbeit“. Auch bei den Mischgärungsversuchen, die derzeit in 100 bis 500 Milliliter Schüttelkolben und kleinen Bioreaktoren stattfinden, steht der gute Geschmack im Vordergrund. Und das heißt für die Mitarbeiter: immer wieder verkosten. Denn je nach dem, welche Organismen gemeinsam arbeiten, entstehen unterschiedliche Stoffwechselprodukte.
Ungefähr fünf Tage wird die Gärung des neuen Produktes in den Brauereien einmal dauern. In dieser Zeit sollen die beteiligten Organismen möglichst wenig Biomasse erzeugen – dafür aber eine hohe Stoffwechselrate haben. Zum Schluss wird filtriert, um Hefen und Bakterien weitgehend zu entfernen. Nur so kann der Geschmack über längere Zeit konstant gehalten werden.
Wie wird das Gärgetränk überhaupt schmecken? „Erfrischend, fruchtig durch die Hefen, leicht säuerlich und spritzig durch die Bakterien und eine ausreichende Kohlendioxidbildung“, ist Mast-Gerlachs Ziel. Aromen oder Fruchtauszüge werden nicht zugesetzt, denn die Würze ist ein biologischer Naturstoff, dessen Eigengeschmack erhalten bleiben soll. Bis Mitte 2006 will die TU- Gruppe ein ausgewogenes Verfahren entwickelt haben, das sie den am Projekt beteiligten Brauereien zur Verfügung stellt.
(TU Berlin, 27.10.2005 – NPO)