Physik

Weltrekord bei der Plasmabeschleunigung

20 Zentimeter langer Beschleuniger erreicht erstmals Energien von acht Gigaelektronenvolt

Plasmabeschleuniger
Durch einen Laserpuls (gelb-rot) in einem Kanal aus Wasserstoffplasma (blau) haben Forscher Elektronen auf knapp acht Gigaelektronenvolt beschleunigt. © Gennadiy Bagdasarov/ Keldysh Institute of Applied Mathematics, Anthony Gonsalves and Jean-Luc Vay/ Berkeley Lab

Klein, aber oho: Erstmals hat ein Beschleuniger von nur 20 Zentimetern Länge Elektronen auf Energien von knapp acht Gigaelektronenvolt beschleunigt – ein neuer Rekord. Möglich wurde dies durch eine entscheidende Verbesserung dieser sogenannten Plasmabeschleuniger. Dank der neuen Technik könnten die kleinen und vergleichsweise günstigen Mini-Beschleuniger bald einige Aufgaben der klassischen, hunderte Meter langen Teilchenbeschleuniger übernehmen.

Klassische Teilchenbeschleuniger benötigen supraleitende Elektromagneten und kilometerlange Tunnel, um Protonen, Elektronen und andere Teilchen auf hohe Energien zu beschleunigen. Doch es geht auch anders: Laser-Plasmabeschleuniger nutzen kurze, extrem energiereiche Laserpulse, die durch ein Plasma geschossen werden. Wie ein Schnellboot auf dem Wasser erzeugt der Laserpuls Kielwellen, auf denen die freien Elektronen des Plasmas mitgerissen und beschleunigt werden.

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20 Zentimeter langer Plasmabeschleuniger aus Saphirglas (oben) und Prinzip der Laserbeschleunigung durch Kielwellen. © LBNL/ Marilyn Chun, APS/Alan Stonebraker

Der enorme Vorteil: Bei diesen Plasmabeschleunigern reichen wenige Zentimeter Strecke aus, um Elektronen bis in den Gigaelektronenvolt-Bereich zu beschleunigen. Bereits 2014 erreichte ein lasergetriebener Plasmabeschleuniger den Rekordwert von 4,25 Gigaelektronenvolt (GeV). Im Sommer 2018 nutzte ein Plasmabeschleuniger am CERN einen Protonenstrahl statt des Lasers, um die Kielwellen zu erzeugen und schaffte damit bis zu zwei Gigaelektronenvolt.

7,8 Gigaelektronenvolt auf nur 20 Zentimetern

Einen neuen Rekord haben nun Anthony Gonsalves vom Lawrence Berkeley National Laboratory und sein Team aufgestellt. Dank einer neuen Methode konnten sie ihren Laser-Plasmabeschleuniger so optimieren, dass er Elektronen bis auf 7,8 Gigaelektronenvolt beschleunigte – und dies in einer Glasröhre von nur 20 Zentimetern Länge. Dafür schossen die Forscher einen ultrakurzen, nur 35 Femtosekunden langen Laserpuls von 850 Terawatt Leistung in das Wasserstoffplasma.

Das Entscheidende jedoch: Damit dieser Laserpuls auf ganzer Länge des Beschleunigers eine Kielwelle erzeugt, muss das Plasma eine Art Kanal bilden. Dabei umgibt eine dichtere Plasmazone den wenige tausendstel Millimeter dünnen Laserstrahl wie eine Art Glasfaserhülle, während direkt in seiner Bahn eine sehr geringe Plasmadichte herrscht. Bei bisherigen Ansätzen erzeugten Forscher diesen Plasmakanal durch eine elektrische Entladung, erreichten aber keine ausreichenden Gradienten im Plasma.

„Laserbohrer“ bahnt dem Beschleunigerpuls den Weg

Für die neue Methode vertieften die Physiker den Plasmakanal zusätzlich mit einem zweiten Laser. Dieser bohrt sich kurz vor dem eigentlichen Beschleunigerpuls durch das Plasma und heizt es im Zentrum stark auf. Dadurch wird die Laserbahn frei und das Plasma verdichtet sich wie eine haarfeine Röhre um diesen Kanal herum. „Die elektrische Entladung half uns, die Plasmabedingungen für den Heiz-Laser optimal zu kontrollieren“, sagt Gonsalves. „Das Timing von Entladung, Heizpuls und Beschleuniger-Puls war dabei entscheidend.“

Und es klappte: Die Forscher konnten in ihrem 20-Zentimeter-Beschleuniger erstmals Kielwellen erzeugen, die die Elektronen des Plasmas bis auf 7,8 Gigaelektronenvolt beschleunigten. Damit verdoppeln sie nicht nur den vorherigen Rekord, ihre neue Methode öffnet auch den Weg zu noch höheren Leistungen. Gonsalves und sein Team sind zuversichtlich, schon bald Energien von zehn Gigaelektronenvolt erreichen zu können.

„Ein Meilenstein für Laser-Plasmabeschleuniger“

„Die Entwicklung stabiler Plasmabeschleuniger mit einer Energie nahe zehn Giga-Elektronenvolt markiert einen Meilenstein auf dem Weg vom Labor zu ersten Anwendungen“, sagt Koautor Wim Leemans vom Deutschen Elektronensynchrotron (DESY). „Zusammen mit anderen Verfahren zur Kontrolle von Beschleunigung, Strahlstabilität und -qualität, wird dies kompakte Elektronenquellen möglich machen.“

Auch andere Physiker sehen diesen Rekord als wichtigen Durchbruch: „Das jetzt in ‚Physical Review Letters‘ veröffentlichte Resultat aus Berkeley stellt einen Meilenstein für Laser-Plasmabeschleuniger dar“, kommentiert der nicht an der Studie beteiligte DESY-Forscher Ralph Aßmann. „Hier wird nicht nur ein neuer Energierekord gezeigt, sondern es wurde eine innovative Methode entwickelt, mit der eine mittlere Beschleunigungsspannung von 40 Milliarden Volt pro Meter über eine Strecke von 20 Zentimetern robust erzeugt wurde. Diese neue Technologie eröffnet ganz neue Möglichkeiten.“ (Physical Review Letters, 2019; doi: 10.1103/PhysRevLett.122.084801)

Quelle: Lawrence Berkeley National Laboratory, Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY

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