Fast wie Zauberei: Forscher haben Lichtwellen erzeugt, die selbst undurchsichtiges Material durchdringen können. Dadurch lassen sich Bilder durch das opake Medium transportieren als wäre es Luft. Möglich wird dies durch den Einsatz von jeweils für das Material maßgeschneiderten Lichtwellen – sogenannten streuungs-invarianten Lichtmoden. Sie könnten ganz neue Anwendungen ermöglichen, so die Forscher im Fachmagazin „Nature Photonics“.
Ob ein Zuckerstück oder ein Glas Milch: Diese Materialien erscheinen undurchsichtig, weil ihre ungeordnete Struktur das einfallende Licht stark bricht, streut und ablenkt. Dadurch wird der Lichtstrahl so verändert, dass ein Großteil von ihm nicht mehr auf der anderen Seite ankommt. Zwar gelingt einigen wenigen Photonen eine ungestörte Passage. Diese sogenannten ballistischen Photonen sind aber so rar, dass sie nicht praktisch nutzbar sind.
Das Lichtwellenmuster ist entscheidend
Doch nun haben Physiker um Pritam Pai von der Universität Utrecht einen Weg gefunden, Lichtstrahlen so anzupassen, dass sie selbst stark streuende Medien nahezu ungehindert passieren können. Möglich wird dies, indem sie im Vorhinein ermitteln, auf welche Weise ein Material verschiedene Wellenformen des Lichts streut. „Jedes dieser Lichtwellenmuster wird auf ganz bestimmte Weise verändert und abgelenkt, wenn man es durch ein ungeordnetes Medium schickt“, erklärt Koautor Stefan Rotter von der TU Wien.
Im Experiment verwendeten die Forscher eine dünne Schicht weißes Zinkoxidpulver als undurchsichtiges Testmaterial. Dieses durchleuchteten sie Licht verschiedener Wellenformen und Moden und maßen, wie diese an einem dahinterliegenden Detektor ankommen. „Die Art, wie eine Lichtwelle ein Objekt durchdringt, hängt eben nicht nur von der Wellenlänge ab, sondern auch von der Wellenform““, erklärt Rotters Kollege Matthias Kühmayer.
Streuungs-invariante Lichtmoden
Aus diesen Vorab-Messungen konnten die Forscher berechnen, welche Wellenmuster von der Zinkoxidschicht genau so verändert werden, als wäre überhaupt keine Wellenstreuung vorhanden. „Wie wir zeigen konnten, gibt es eine ganz spezielle Klasse von Lichtwellen, die sogenannten streuungs-invarianten Lichtmoden, die am Detektor genau dasselbe Wellenmuster erzeugen, egal ob die Lichtwelle nur durch Luft geschickt wurde oder ob sie die komplizierte Zinkoxidschicht durchdringen musste“, erklärt Rotter.
Solche streuungs-invarianten Lichtmoden sind zwar im Vergleich zur Vielfalt der normalen Lichtformen sehr selten. Durch gezielte Messung und mathematische Modelle lassen sich aber die für das Material passenden Moden identifizieren. Durch geschickte Kombination mehrerer dieser streuungs-invarianten Lichtmoden erhält man eine Wellenform, die sogar optische Informationen wie beispielsweise ein Bild durch das Streumedium transportieren kann.
Bild vom Großen Wagen durch die Störschicht geschickt
„Wir haben uns im Experiment für das Beispiel eines Sternbilds entschieden – den großen Wagen“, erklärt Koautor Jeroen Bosch von der Universität Utrecht. „Tatsächlich ließ sich eine streuungs-invariante Welle ermitteln, die ein Bild vom großen Wagen zum Detektor schickt – und zwar unabhängig davon, ob die Lichtwelle von der Zinkoxidschicht gestreut wird oder nicht.“
Auf dem Detektor hinter der eigentlich undurchsichtigen Zinkoxidschicht erschien das typische Muster des Sternbilds. „Im Experiment sehen wir, dass durch das Zinkoxid die Form dieser Lichtwellen tatsächlich nicht verändert wird – sie werden nur insgesamt ein wenig schwächer“, erläutert Boschs Kollege Allard Mosk.
Anwendung auch in der Bildgebung
Wie die Physiker erklären, lässt sich diese Methode nicht nur verwenden, um optische Informationen durch eigentlich undurchsichtige Medien zu senden, auch neue bildgebende Verfahren wären damit möglich. Interessant könnte das etwa für biologische Experimente sein, bei denen man Licht an ganz bestimmten Punkten einbringen möchte, um tief in das Innere von Zellen zu blicken. Aber auch in der Materialforschung und Medizin wären Anwendungen denkbar.
„Die bemerkenswerten Eigenschaften der streuungs-invarianten Lichtmoden liefern uns ein attraktives Set von Werkzeugen sowohl für die Grundlagenforschung als auch für Anwendungen der Bildgebung“, konstatiert das Wissenschaftlerteam. (Nature Photonics, 2021; doi: 10.1038/s41566-021-00789-9)
Quelle: Technische Universität Wien