Wie verhalten sich Neutronen in einer ultradünnen magnetischen Schicht, wenn das magnetische Moment der Neutronen mit der Magnetisierung der Schicht in Wechselwirkung tritt? Diese fundamentale quantenmechanische Frage haben jetzt Physiker der Ruhr-Universität Bochum geklärt.
Die Forscher um Florin Radu konnten mittels Experimenten und theoretischen Berechnungen zeigen, dass nach dem Eintauchen eines Neutrons in eine magnetische Schicht sein magnetisches Moment sich nach der Magnetisierungsrichtung innerhalb des Kristalls ausrichtet. Dieses Ergebnis, das im Einklang mit der Quantenmechanik steht, beendet eine Jahrzehnte währende widersprüchliche experimentelle Situation und eine hitzige Debatte unter Fachleuten. Ihre Ergebnisse haben die Forscher in der renommierten Zeitschrift „The Physical Review“ der American Physical Society veröffentlicht.
Neutronen tasten Magnetismus ab
Neutronen sind Elementarteilen, die in den Kernen aller Elemente vorkommen. Sie werden in Reaktoren durch Spaltung freigesetzt und dienen entweder der Energiegewinnung oder der Erforschung der Struktur der Materie. Sie haben ein magnetisches Moment, ähnlich einer magnetischen Kompassnadel, mit Hilfe derer sie den Magnetismus in Flüssigkeiten und Kristallen auf atomarer Basis abtasten können.
Hitzige Debatte beendet
In physikalischen Experimenten kann man die magnetische Orientierung der Neutronen ausrichten, solange sie durch Luft oder Vakuum fliegen (in der Abb. große rote Kugel). „Die entscheidende Frage ist aber: Ändert sich ihre Orientierung, nachdem sie in eine magnetische Schicht eintauchen, und wenn ja wie?“, erklärt Florin Radu.
Physikalisch ausgedrückt: Richtet sich der Neutronenspin in der magnetischen Probe gemäß dem so genannten Zeeman-Effekt richtungsgequantelt bezüglich der magnetischen Induktion in der Probe aus (kleine rote Kugel), oder folgt er der Quantisierungsachse, die außerhalb der Probe präpariert wurde (kleine helle Kugel)? Dieses Problem war in der Literatur bislang ungelöst und wurde in der Vergangenheit hitzig debattiert.
Neue Technik nagelt magnetische Ausrichtung fest
Florin Radu hat zu dieser Fragestellung spezifische Experimente und gleichzeitig Modellrechnungen durchgeführt. Die Resultate zeigen eindeutig, dass nach Eintauchen der Neutronen in die magnetische Schicht sich ihre magnetische Orientierung nicht mehr nach dem äußeren Zustand richtet, sondern ganz nach der Magnetisierungsrichtung (M) innerhalb des Kristalls (langer schwarzer Pfeil).
„Obwohl dieses Ergebnis im Einklang mit der Quantenmechanik ist und das Rätsel theoretisch gelöst war, war bisher die experimentelle Situation alles andere als eindeutig“, erläutert Prof. Dr. Hartmut Zabel. Nur mit Hilfe einer neuen Technik, die es ermöglicht, die magnetischen Domänen auszurichten und in einer vorgegebenen Richtung „festzunageln“, konnte jetzt die experimentelle Lage einwandfrei geklärt werden. Aus dieser Erkenntnis ergeben sich auch neue Messmethoden.
(Ruhr-Universität Bochum, 12.07.2005 – NPO)