Eine großflächige geophysikalische „Durchleuchtung“ der Nordseeküste und der Inseln haben Geowissenschaftler jetzt von einem kleinen Flugplatz in der Nähe von Wilhelmshaven aus gestartet. Sie untersuchen dabei mithilfe eines Elektromagnetik-Mess-Systems an Bord eines Hubschraubers den Aufbau des Erduntergrunds bis zu einer Tiefe von 100 Metern.
Die von den Forschern der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) und des Instituts für Geowissenschaftliche Gemeinschaftsaufgaben (GGA-Institut) gesammelten dreidimensionalen Informationen sind vielfältig nutzbar und von großem Wert für Forschung und Landesplanung. Die Befliegung im Rahmen des Forschungsprogramms D-AERO soll unter Mitwirkung der Bundesländer deshalb später auch auf weitere Teile Deutschlands ausgedehnt werden.
Süßwasservorkommen im Visier
Die Nordseeküste ist unter Aspekten wie Klimawandel und Küstenschutz von besonderem Interesse. Nordseeinseln, Wattenmeer und Deichregionen sind durch Sturmfluten und langfristigen Meeresspiegelanstieg besonders gefährdet.
Diese Bedrohungen können kaum abgewendet werden, aber ihre Auswirkungen zum Beispiel auf Süßwasservorkommen unter den Nordseeinseln werden durch die Messkampagne besser einschätzbar. So können vorbeugende Maßnahmen vorausschauend und gezielt getroffen werden.
Blick unter die Erdoberfläche
Die Küstenregion hinter den Deichen ist unter anderem durch natürliches Eindringen von Salzwasser geprägt. Jede Veränderung wirkt sich auf die Ausbreitung des Salzwassers im Untergrund aus und kann Trinkwasservorkommen gefährden. Die aerogeophysikalischen Untersuchungen verhelfen den Geologen und Wasserversorgern nun zu einem klaren Verständnis der Verhältnisse im Untergrund.
Die Messungen werden von einem BGR-Hubschrauber ausgeführt, der unter sich eine etwa zehn Meter lange Mess-Sonde schleppt. In dieser befinden sich elektromagnetische Sende- und Empfangssysteme, deren Messdaten Aufschluss über die Leitfähigkeit der Schichten im Untergrund geben. Da diese bei Süß- und Salzwasser unterschiedlich ist, lassen sich Trink-, Brack- und Salzwasser in Tiefen von bis zu 100 Metern gut unterscheiden.
Untergrund in 3D
Ein Magnetometer in der Sonde sammelt darüberhinaus Daten, die Aufschluss über die geologische Struktur des Geländes geben. Ein Laser-Höhenmesser bestimmt die Topographie unter der Flugstrecke. Die Zusammenschau dieser Daten ermöglicht dann nach Angaben des BGR die Erstellung einer dreidimensionalen Untergrundstruktur. Eine erste Küstenbefliegung im Bereich Cuxhaven wurde bereits mit sehr gutem Erfolg durchgeführt und ist in der Fachwelt europaweit auf positive Resonanz gestoßen.
Die jetzt begonnene „Durchleuchtung“ findet im Raum Spiekeroog / Langeoog / Esens statt. Sie wird in enger wissenschaftlicher Abstimmung mit der Universität Oldenburg und der Verwaltung des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer durchgeführt. Weitere Hubschraubereinsätze in Niedersachsen und Schleswig-Holstein sind geplant.
(GEOZENTRUM Hannover/Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), 26.02.2008 – DLO)