Physik

Zwei Störeffekte könnten Neutrino-Experiment verfälscht haben

Instrumentenfehler haben möglicherweise zur Über- oder Unterschätzung der Teilchengeschwindigkeit geführt

Welt der kleinsten Teilchen © MMCD

Zwei Instrumentenfehler könnten die Messung der vermeintlich mit Lichtgeschwindigkeit fliegenden Neutrinos verfälscht haben. Das berichtet die CERN-Kollaboration in Genf. Sie hatte im September 2011 Messergebnisse veröffentlicht, nach denen die Elementarteilchen schneller als das Licht geflogen sein könnten – ein Widerspruch zur Relativitätstheorie von Albert Einstein. Wie das CERN jetzt mitteilt, könnten diese Messungen durch zwei Störeffekte beeinflusst worden sein.

Diese wirkten jedoch in jeweils entgegengesetzte Richtung, wie die Forscher berichten: Ein Effekt hätte die gemessene Geschwindigkeit der Elementarteilchen zu hoch, der andere sie zu niedrig erscheinen lassen. Welcher der beiden Einflüsse tatsächlich zum Tragen gekommen sei, müsse man nun ab Mai 2012 durch weitere Messungen überprüfen, sagen die Forscher.

Fehler könnte im Zeitstempel oder einer Glasfaser liegen

Wie die Wissenschaftler erklären, könnte der erste Störeffekt von einem Oszillator ausgegangen sein. Dieses Gerät liefert die ultrapräzisen Zeitstempel für die Synchronisation von GPS-Messungen. Sollte sich dies bestätigen, könnte die damaligen Messungen die Geschwindigkeit der Neutrinos sogar unterschätzt haben – dann wären die Elementarteilchen sogar noch schneller als damals gemessen.

Als zweiten möglichen Störeffekt machten die CERN-Forscher eine Glasfaserverbindung zwischen dem GPS-Modul und der Hauptuhr der Messeinrichtung aus. Diese könnte nicht korrekt funktioniert haben, als die Messungen gemacht wurden, heißt es in der Mitteilung. Wäre dies der Fall, könnte die Geschwindigkeit der Neutrinos überschätzt worden sein – die Teilchen wären doch nicht schneller als das Licht gewesen.

20 Millionstel schneller als Lichtgeschwindigkeit

Im Rahmen ihres Neutrino-Experiments hatten die Forscher im letzten Jahr einen Strahl von Neutrinos vom Teilchenbeschleuniger CERN nahe Genf bis zum Neutrino-Observatorium von Gran Sasso in Italien geschickt. Die Physiker maßen mit einer speziellen Apparatur, wie schnell die mehr als 15.000 Teilchen die 730 Kilometer lange Strecke zurücklegten. Dabei stellten sie fest, dass die Geschwindigkeit der Neutrinos auf dieser Strecke um rund 20 Millionstel höher gelegen haben musste als die Lichtgeschwindigkeit.

Nach der Relativitätstheorie von Albert Einstein können Teilchen jedoch nie schneller fliegen als das Licht. Denn mit zunehmender Annäherung an die Lichtgeschwindigkeit wächst die für ihre Bewegung benötigte Energie so stark an, dass sie diese nie ganz erreichen können. Damals konnten die CERN-Forscher aber keine Messfehler entdecken, die zu diesem überraschenden Ergebnis der mit Überlichtgeschwindigkeit fliegenden Neutrinos geführt haben könnten.

(CERN, 24.02.2012 – NPO)

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