Ungewöhnliche Überlebensstrategie: Ein kleiner Wasserkäfer aus Japan überlebt selbst das Verschlingen durch einen Frosch. Wie dieses Video dokumentiert, taucht er zwei Stunden später unbeschadet und lebendig wieder auf – aus dem After des Froschs. Wie Versuche ergaben, krabbelt das kleine durch den gesamten Verdauungstrakt des Frosches bis zum „Hinterausgang“. Dies ist der erste Fall einer solchen aktiven Flucht aus dem Darm.
Normalerweise bedeutet das Gefressenwerden den Tod für ein Beutetier. Selbst wenn es das Maul und die Zähne des Räubers überstehen sollte, wird es spätestens im Verdauungstrakt tödlich. Denn ätzende Verdauungssäfte, zersetzende Enzyme und Sauerstoffmangel machen ein längeres Überleben nahezu unmöglich. Das Verdauungssystem des Prädators tötet nahezu jede Beute nach dem Verschlucken“, erklärt Shinji Sugiura von der Universität Kobe.
Durch den After ins Freie
Doch es gibt Ausnahmen – und eine besonders skurrile hat nun Sugiura beobachtet. Für seine Studie hatte er den in japanischen Reisfeldern vorkommenden Frosch Pelophylax nigromaculatus mit verschiedenen Insekten gefüttert. Unter den Beutetieren war auch Regimbartia attenuata, ein ebenfalls in den Reisfeldern lebender vier bis fünf Millimeter großer Wasserkäfer. Der Frosch verschlang auch diese Käfer problemlos.
Dann aber geschah etwas Überraschendes: Der gefressene Wasserkäfer tauchte plötzlich wieder auf – aus dem After des Frosches. „Rund 90 Prozent der verschluckten Wasserkäfer traten auf diese Weise wieder aus und waren überraschenderweise noch immer lebendig“, berichtet Sugiura. Dieser Trick gelingt Regimbartia attenuata nicht nur bei dieser einen Froschart, sondern auch bei vier weiteren, wie der Forscher durch Fütterungstests herausfand.
Durch den Darm gekrabbelt
Wie aber schafft der Käfer dieses Kunststück? Ergänzende Tests ergaben: Wenn man den Wasserkäfern ihre Beine verklebt, überleben sie die Darmpassage nicht. Stattdessen sterben sie und ihre Überreste werden ganz normal nach einem bis zwei Tagen mit dem Kot ausgeschieden. Daraus schließt Sugiura, dass die Wasserkäfer aktiv durch den Verdauungstrakt zum „Hinterausgang“ gekrabbelt sind um ihre Flucht zu beschleunigen.
„Dies ist der erste dokumentierte Fall einer solche aktiven Flucht einer Beute aus dem Bauch eines Prädators“, konstatiert der Biologe. Der Wasserkäfer scheint aber nicht nur aktiv durch den Darm zu krabbeln, sondern zusätzlich auch den Stuhlgang seines „Wirts“ zu manipulieren. Denn normalerweise sorgt der Muskelring am After des Frosches dafür, dass sein Darmausgang fest geschlossen bleibt.
Der Käfer könnte diese Barriere von selbst nicht überwinden. Um nach draußen zu gelangen, regt er daher – möglicherweise durch taktile Reize – den Frosch zur Kotabgabe an. Sobald sich dann der Afterring öffnet, kriecht der kleine Käfer ins Freie. (Current Biology, 2020; doi: 10.1016/j.cub.2020.06.026)
Quelle: Kobe University