Mammuts wanderten offenbar gerne und einige der Eiszeitriesen zogen sogar bis weit in den Süden Spaniens: Dies haben Forscher jetzt anhand der fossilen Überreste von vier Mammutbullen herausgefunden, die sie in der Nähe von Padul, einer kleinen Stadt in der Provinz Granada, entdeckt haben. Die Tiere lebten dort vor etwa 30.000 bis 40.000 Jahren.
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In ihrer neuen Studie beschreiben die Wissenschaftler des internationalen Teams die Funde und erläutern, was die Mammute in den Süden zog und welche Relevanz die neuen wissenschaftlichen Ergebnisse für das Verständnis globaler Klimaereignisse haben.
Europas südlichste Skelettfunde von Mammuthus primigenius wurden in einem Moor auf dem 37. Breitengrad geborgen. Das ist deutlich südlicher als die baumlos kargen und unwirtlichen Gefilde, die man den Zottelriesen und dem typisch trocken-kalten Klima zuordnet, das während der Eiszeit in Nord-Eurasien herrschte.
Fellmammuts als Dauergäste
Die fossilen Überreste der Padul-Mammuts wurden von einer internationalen Forschergruppe untersucht. An der Studie beteiligt waren die Senckenberg Forschungsinstitute, die Universitäten Madrid und Oviedo sowie das Naturmuseum Rotterdam.
„Die Fellmammuts haben damals zu den dauerhaften Bewohnern Granadas gehört“, sagt Diego Álvarez-Lao von der Universität Oviedo und betont, dass es sich bei den Padul-Funden nicht um einzeln versprengte Tiere handelt, die sich rein zufällig in den Süden verirrt hatten. „Unsere Untersuchungen belegen, dass die spanischen Mammute sich anatomisch nicht von ihren Artgenossen in nördlicheren Regionen unterschieden haben. Es war die gleiche Art“, ergänzt Dick Mol, Eiszeitexperte am Naturmuseum Rotterdam.
Gut gefüllte Speisekarte
Nicht die Sehnsucht nach sommerlichen Temperaturen oder weiten Sandstränden hat die Zottelriesen in den Süden gelockt, sondern eine „Speisekarte“ mit dem für sie genau passenden Nahrungsangebot aus Gräsern, verschiedenen Kräutern und niedrigem Buschwerk. Die Ausdehnung der Mammutsteppe mit der für die typisch eiszeitliche Landschaft charakteristischen Vegetation ist durch Klima- und Umweltdaten belegt.
Nuria García von der Universität Complutense de Madrid stellt dazu fest: „Fossile Pflanzen, die wir in den Bohrkernen von Forschungsbohrungen in Spanien und dem nahe gelegenen Mittelmeer nachweisen konnten, wie auch die Untersuchungen der Padul-Sedimente belegen, dass die Tiere sich von den typischen Pflanzen einer Mammutsteppe ernährten.“
Vorstoß nach Süden
Zu dem internationalen Team von Eiszeitforschern, die Europas südlichste Mammutfunde bearbeitet haben, gehört auch Ralf-Dietrich Kahlke. Den Senckenberg-Wissenschaftler hat vor allem interessiert, was Mammuthus primigenius und andere Eiszeittiere an vielen Ecken der Nordhalbkugel über den 40. Breitengrad hinaus und weit nach Süden wandern ließ.
„Ein Vergleich mit weiteren Fundorten, die zwischen dem 38. und 36. Breitengrad liegen, zeigt, dass die Tiere vor 30.000 bis 40.000 Jahren auch außerhalb Europas in Richtung Süden vorgestoßen sind“, erläutert der Paläontologe und dokumentiert das durch seine Kartierungsergebnisse. Danach liegen die südlichsten Fundorte der Eiszeitriesen auf einem Gürtel, der sich von Westeuropa über Georgien und die sibirische Baikal-Region bis nach Ost-China und von Korea bis in den amerikanischen Mittelwesten hinein erstreckt.
Gebirge als Barriere
Hin und wieder wurden die Kolosse jedoch am Wandern gehindert. In Padul setzten die unüberwindlichen Höhen der Sierra Nevada einer weiteren Verbreitung der Tiere eine natürliche Grenze. Ähnlich wirkten sich nach Angaben der Forscher die Rocky Mountains in Nordamerika auf den Wandertrieb der Eiszeitriesen aus.
Auch Regionen, die nicht das typische Nahrungsangebot einer Mammutsteppe boten, stoppten die Migration der Mammute. Dazu gehörten wüstenähnliche Gebiete oder die weiten Prärien in Nordamerika, die sich aufgrund von Vegetationsveränderungen zunehmend ausgedehnt hatten.
Koppelung von Klimaereignissen als Ursache
Die aktuelle Studie belegt nach Angaben der Wissenschaftler erstmals die südlichen Vorstöße von Mammuthus primigenius in Europa und zeigt, dass die Migration nach Spanien und Italien zur gleichen Zeit stattfand wie ähnliche Wanderungen nach Ost-China, in den Norden Japans und nach Kamtschatka. Die Wissenschaftler führen dieses Phänomen auf die Koppelung von Klimaereignissen im Nordost-Atlantik und Nordwest-Pazifik zurück.
„Dies ist ein Beleg für globale Mechanismen, die das Klima schon während der Eiszeit regulierten und damit auch die Vegetation und die Wanderungen der Tiere maßgeblich beeinflusst haben“, erklärt Kahlke.
(idw – Senckenberg Forschungsinstitute und Naturmuseen, 10.07.2009 – DLO)