Vor allem ältere Menschen sind bei anhaltend hohen Temperaturen häufiger verwirrt und leiden unter Konzentrationsstörungen. Kann die Hitze auch den Ausbruch von Demenzerkrankungen fördern? Mediziner sehen hier keinen Zusammenhang, wohl aber temporäre Störungen der Hirnleistungen, wenn zu wenig getrunken wird.
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Hochsommer in ganz Deutschland. Bei Temperaturen um oder über 30° Celsius freuen sich Bäder und Biergärten über großen Andrang. Aber auch Ärzte und Krankenhäuser vermelden steigende Patientenzahlen. Neben Hitzekollaps, Kreislaufschwäche und Sonnenbrand gibt es in dieser Zeit auch vermehrt Anfragen von zumeist älteren Personen. Diese befürchten, dass einige ihrer mehr oder minder plötzlich auftretenden Symptome Anzeichen einer beginnenden oder bereits manifesten Demenzerkrankung, wie beispielsweise Alzheimer, sein könnten.
Ist diese Sorge berechtigt? Kann eine Hitzeperiode Auswirkungen auf die Entwicklung einer Demenzerkrankung haben? „Nein“, erklärt Katharina Bürger von der Gedächtnis-Ambulanz des Instituts für Schlaganfall- und Demenzforschung am Universitätsklinikum in München-Großhadern. „Bei erheblichem Flüssigkeitsverlust können aber gerade bei älteren Menschen Symptome wie Verwirrtheitszustände, Kreislaufbeschwerden, Schwäche oder Fieber auftreten.“ Diese Zustände sind vorübergehend. Denn gerade für das Gehirn ist ein ausgewogener Flüssigkeitshaushalt wichtig.
Eineinhalb bis zwei Liter am Tag
„Wenn man viel schwitzt, weil der Körper dadurch für Abkühlung sorgt, muss man genügend trinken“, so die Alzheimer-Expertin. Normal sind eineinhalb bis zwei Liter, an besonders heißen Tagen kann auch die doppelte Menge nötig sein. Warum aber ist das für ältere Menschen oft ein Problem? „Im Alter nimmt häufig das Durstgefühl ab“, erklärt Bürger. Als Gegenmaßnahmen empfiehlt sie: „Einen Trinkplan aufstellen, und die Trinkmenge an häufig frequentierten Plätzen des Hauses oder der Wohnung platzieren.“ Personen mit schwerwiegenden Funktionsstörungen des Herzens oder der Nieren sollten jedoch nicht mehr als 1,5 Liter am Tag trinken.
Demenzpatienten besonders gefährdet
„Tritt im Sommer plötzlich eine Verwirrtheit auf oder sogar Hirnleistungsstörungen, so weisen diese eher auf Flüssigkeitsmangel hin, nicht aber auf eine Demenz“, so die Medizinerin. Der Zustand von Demenzpatienten kann sich allerdings bei Flüssigkeitsmangel tatsächlich dramatisch verschlechtern, denn diese Patienten „vergessen“ regelrecht das Trinken und spüren oft auch kein Durstgefühl. Die wichtigste Therapie ist dann nicht primär und dauerhaft die Gabe von Psychopharmaka, sondern von Wasser.
Vergesslichkeit als Warnzeichen
„Wer älter als 60 Jahre und trotz ausreichender Flüssigkeitszufuhr in Sorge um seine Hirnleistung ist, kann und sollte sich aber testen lassen“, betont Bürger. „Viele Menschen klagen mit zunehmendem Alter über Gedächtnis- oder Konzentrationsprobleme.“ Dabei kann es sich um eine „normale“ altersbedingte Vergesslichkeit handeln. Nicht selten sind solche Beschwerden jedoch auch
Ausdruck einer Erkrankung wie beispielsweise Durchblutungsstörungen, Depression, Stoffwechselstörungen, aber eventuell auch einer beginnenden Demenzerkrankung wie der Alzheimer-Krankheit.
„Es ist wichtig, diese Erkrankungen frühzeitig zu erkennen, da mit den heute zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten der Verlauf in vielen Fällen günstig beeinflusst werden kann“, sagt Bürger. So können die Gedächtnisleistungen und die Selbstständigkeit im Alltag häufig gebessert oder
für eine gewisse Zeit stabil gehalten werden.
(Klinikum der Universität München, 26.07.2010 – NPO)