Rund neun Millionen Deutsche leiden am so genannten Burnout-Syndrom – doch eine Definition hat ihre Krankheit bisher nicht. Das enthüllt eine Metastudie, die den Stand der Forschung zu diesem durch Erschöpfung und seelische Beschwerden gekennzeichneten Syndrom untersucht hat. Gegenwärtig liegt es daher im ärztlichen Ermessen, ein Burnout-Syndrom zu diagnostizieren und entsprechend zu behandeln.
In Medizin und Wissenschaft gilt Burnout bislang als eine Erkrankung, die mit sich verändernden Lebens- und Arbeitsbedingungen in Zusammenhang gebracht wird. Sie äußert sich unter anderem durch emotionale Erschöpfung, Selbstentfremdung oder Zynismus und eine verminderte Leistungsfähigkeit. Betroffene leiden im fortgeschrittenen Stadium dauerhaft an seelischen und körperlichen Beschwerden. Dieser Zustand ist hauptsächlich durch Erschöpfung gekennzeichnet. Begleitsymptome sind Unruhe, Anspannung, gesunkene Motivation und reduzierte Arbeitsleistung. Die psychische Störung entwickelt sich nach und nach, bleibt von den Betroffenen selbst oft lange unbemerkt.
Diagnose ist reine Ermessensache
Weder die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) noch das Diagnostische und Statistische Handbuch psychischer Störungen (DSM-IV) führen Burnout als eigenständiges Krankheitsbild. Daher liegt es gegenwärtig im ärztlichen Ermessen, ein Burnout-Syndrom zu diagnostizieren und entsprechend zu behandeln. Wissenschaftler um Dieter Korczak haben nun die wqissencshaftliche Literatur zu diesen Krankheitsbild ausgewertet um festzustellen, wie der Umgang mit dem Burnout gehandhabt wird.
Häufigkeit steigt
Das Ergebnis: Trotz fehlender Definition wird die Diagnose meist anhand bestimmter Symptome gestellt und behandelt, oft auch unter anderem Namen, wie beispieslweise als Depression. Es fehlt ein allgemein anerkanntes Instrument, um Burnout von anderen Krankheiten abzugrenzen. Gleichzeitig scheint die Erkrankung immer häufiger aufzutreten. Das verursacht erheblichen Kosten für Wirtschaft und Krankenkassen. In den letzten Jahren haben die Verschreibung von Psychopharmaka und die Zahl von Arbeitsunfähigkeitstagen aufgrund psychischer Erkrankungen deutlich zugenommen. Ob psychische Störungen tatsächlich zugenommen haben oder ob sie nur häufiger erkannt werden, bedarf der weiteren epidemiologischen Forschung.
Ursachen unklar, Mechanismen auch
Es bestehen mehrere wissenschaftliche Theorien über Ursachen und Krankheitsverlauf des Burnout-Syndroms. Die Symptome können sehr unterschiedlich sein und sind zudem schwer messbar. Darüber hinaus sind viele Zusammenhänge ungeklärt. So ist wenig über die psychischen Mechanismen bekannt, die den Symptomen zugrunde liegen. Gleiches gilt für Zusammenhänge mit anderen Krankheitsbildern wie der Depression. Die teils erheblichen sozialen Folgen für Burnout-Betroffene und die Auswirkungen auf ihr Umfeld (z.B. Kollegen, Familie) sind ebenfalls wenig untersucht.
Die Autoren fordern deshalb weitere, hochwertige Studien, um das Burnout-Syndrom näher zu erforschen. Notwendig sind ihrer Ansicht darüber hinaus eine einheitliche, international gültige Definition, einheitliche, international gültige Kriterien, um Burnout-Syndrome von anderen Krankheitsbildern abzugrenzen sowie ein Diagnose-Instrument zur Fremdbeurteilung und Untersuchungen zu volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten und finanziellen Auswirkungen auf Patienten und Krankenkassen.
Ihr Bericht ist als so genannter HTA-Bericht in der DAHTA-Datenbank beim DIMDI kostenfrei als Volltext abrufbar. Das DIMDI ist Herausgeber amtlicher medizinischer Klassifikationen wie ICD-10-GM und OPS und entwickelt und betreibt datenbankgestützte Informationssysteme für Arzneimittel und Medizinprodukte.
(Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI), 15.09.2010 – NPO)