Ein Großbrand in der Tundra Alaskas im Jahr 2007 hat sich jetzt als einmalig in den letzten 5.000 Jahren entpuppt – und als Anzeichen dafür, dass in der Arktis ein wichtiger Schwellenwert überschritten wurde: Eine im „Journal of Geophysical Research“ veröffentlichte Studie enthüllt, dass ab einer Mitteltemperatur von 10° Celsius in Nordalaska die Häufigkeit von Tundrabränden unverhältnismäßig stark ansteigt.
Im September 2007 ereignete sich – vom Rest der Welt nahezu unbemerkt – im Norden Alaskas eine gewaltige Naturkatastrophe: Das Anaktuvuk River-Feuer vernichtete auf ein Mal mehr als 1.000 Quadratkilometer Tundra, doppelt so viel wie in der gesamten Zeit seit 1950. Für Feng Sheng Hu, Professor für Biologie an der University of Illinois in Urbana, warf der Großbrand eine entscheidende Frage auf: War dieses historische Feuer eine Anomalie? Oder gab es in dieser Region möglicherweise solche großen Brände in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen?
Anomalie oder normaler „Turnus“
„Wenn solche Brände alle 200 oder 500 Jahre auftreten ist es ein natürliches Ereignis”, erklärt Hu. „Aber eine andere Möglichkeit wäre, dass dies ein beispielloses Ereignis ist, dass zum Beispiel durch die globale Erwärmung ausgelöst wurde.“ Um die Frage zu beantworten, flog der Forscher 2008 per Hubschrauber in die Region des Anaktuvuk-Brands und entnahm Bohrkerne aus zwei Seen im Brandgebiet. Sollte es in den letzten 5.000 Jahren ähnlich umfassende Brände gegebenen haben, müssten sich Spuren davon im Seesediment erhalten haben.
Einmalig in den letzten 5.000 Jahren
Gemeinsam mit Kollegen der Universität von Idaho analysierte der Wissenschaftler dann die Verteilung und Menge winziger Holzkohle- und Aschenpartikel in den Sedimentbohrkerne. Das Ergebnis: In den letzten 5.000 Jahren hat es einen Brand in dem Ausmaß und der Intensität wie das Anaktuvuk River-Feuer nicht gegeben. Aber warum nicht? Oder besser gesagt: Warum dann jetzt?
Um das herauszufinden, analysierten die Wissenschaftler als nächstes Aufzeichnungen über Brände, Temperaturen und Niederschläge der letzten 60 Jahre in der alaskischen Tundra und suchten nach Anzeichen dafür, dass in den Jahren mit besonders vielen oder starken Tundrabränden besondere Bedingungen geherrscht haben könnten. In einem Modell setzten sie die jährlich verbrannte Tundrafläche ins Verhältnis zu den Klimabedingungen in der warmen Saison der Region, die jeweils von Juni bis September reicht.
10°C als Schwellenwert
Tatsächlich enthüllte diese Analyse ein auffallendes Muster: „Es gibt eine dramatische, nichtlineare Beziehung zwischen den Klimabedingungen und Tundrabränden und etwas, das man als Kipp-Punkt bezeichnen kann“, so Hu. „Sobald die Temperatur zwischen Juni und September über eine Schwelle von rund zehn Grad Celsius ansteigt, erhöht sich die Häufigkeit von Tundrabränden stark.“
In den letzten 60 Jahren schwankten die jährlichen Mitteltemperaturen in der warmen Saison zwischen 6° und 9°C. Seit 1995 jedoch steigen die Werte an. 2007, im Jahr des Großbrands, lagen die Sommertemperaturen bereits bei 11,1°C, während Niederschläge und Bodenfeuchte ein Rekordtief erreichten. Wie der Ökologe Philip Higuera von der University of Idaho erklärt, kann mehr Niederschlag zwar die Effekte der höheren Temperaturen abpuffern, aber nur bis zu einem gewissen Grad: „Wenn die Temperatur steigt, tun dies auch die Niederschläge“, so der Forscher. „Aber selbst wenn zukünftig mehr Regen fällt ist es wahrscheinlich, dass die höhere Verdunstung insgesamt zu einer geringeren Feuchteverfügbarkeit führt. Das beeinflusst die Pflanzen, macht aber auch tote Vegetation leichter entflammbar und feuerempfindlich.“
(University of Illinois at Urbana-Champaign, 22.11.2010 – NPO)